Brügge – das einstige Hansekontor

Seit heute morgen 7:00 Uhr liegen wir in Zeebrügge, dem Hafen von Brügge (wer hätte das gedacht). Hier legen neben einigen Kreuzfahrern insbesondere Autotransporter aus Übersee an, wodurch Zeebrügge mit knapp 3 Mio. Fahrzeugen pro Jahr zu einem der größten Umschlagplätze Europas für Neufahrzeuge geworden ist. Und es existiert seit 1987 (!) ein LNG-Terminal für Flüssiggas aus dem Nahen Osten… Sonst gibt es hier allerdings nicht viel Sehenswertes, weshalb wir einen Ausflug ins etwa 10km entfernte Brügge gebucht haben.

Gestern hatten wir uns noch einen Vortrag vom Bordlektor über die Stadt angetan und gehofft, damit besser für den heutigen Rundgang gerüstet zu sein, aber leider kämpfte der gute Mann, dessen Temperament doch sehr an ein totes Nilpferd erinnerte, mit Morpheus‘ Werben um die Gunst des Publikums – er verlor. Seine zu Beginn gestellte Frage, ob die relativ wenigen Zuhörer im Schiffstheater am Thema des Vortrages oder vielleicht an ihm lägen, ordneten wir am Ende als rhetorisch ein und ließen sie aus Höflichkeitsgründen unbeantwortet.

Wir waren enttäuscht, hatten wir doch auf der Reise rund England einen Lektor, bei dessen Vorträgen das Theater wegen Überfüllung geschlossen werden und ein nicht geringer Teil der Reisenden seine Vorträge im Bordfernsehen verfolgen musste.

Na ja, der Reiseführer heute morgen ist dagegen recht ordentlich – wenngleich bei knapp zwei Stunden Durch-die-stadt-laufen die Aufnahmefähigkeitskurve unserer eher mittelmäßig flexiblen Touristenhirne logarithmisch gegen Null fällt. Trotzdem, ein paar Eindrücke sind schon hängen geblieben:

Kleine Brücken, schmale Gassen und Tore – alles erhalten geblieben

Die Stadt ist – der UNESCO sei’s gedankt – im Kern so mittelalterlich geblieben,  wie sie vor Jahrhunderten das bedeutendste der vier Hansekontore darstellte. Unzählige Backsteinbauten, Kirch- und Reichtumstürme, Treppengiebel aller Couleur, verschiedenste Brücken über Kanäle, die hier Reien heißen, und die Einspänner, die, selbst wenn sie heutzutage mit Touristen beladen sind, forsch über das Kulturerbe-Kopfsteinpflaster rumpeln, ergeben eine Kulisse, in der Elektrobusse, Fahrräder, Mopeds oder Autos wie aus der Zeit gefallen wirken. Faszinierend!

In Wien würde man von Fiakern sprechen…
Städtisches Altersheim – im Mittelalter und heute immer noch

Wir werden durch unzählige Gassen geführt, schauen über eine Mauer in den Hof eines städtischen Altersheimes aus der Hansezeit – das noch heute als solches benutzt wird – erreichen den großen Marktplatz und bekommen einen Eindruck davon, wie dessen Größe wohl auf die Händler, Besucher und Bürger der Stadt im Mittelalter gemacht haben muss, als doch alles noch etwas viel kleiner war, als heutzutage.

Der große Marktplatz
Kaum zu widerstehen: Die zahlreichen belgischen Köstlichkeiten

Und es gibt Leckeres: Schokolade, Trüffel, Waffeln. So manches Geschäft könnte  schon auf Grund der Auslagen, aber erst recht wegen der prall gefüllten Regale und des betörenden Duftes, das selbige bis auf die Straße hinaus verströmen – zumindest für mich – wohl ein Zufluchtsort für den gesamten Rest der Reise werden (zumal mir inzwischen die Füße wehtun). Bedenkt man weiterhin, dass fast an jeder Ecke Brauhäuser zu finden sind, in denen zahllose Varianten belgischen Bieres hergestellt werden, wäre selbst die Zeit zwischen Ladenschluss und der nächsten Öffnung hervorragend zu überbrücken.

Bei den Waffeln ist es nicht besser…

Oh, die Realität ist anders. Die Gruppe ist längst weiter gelaufen. Also hinterher.

Zum Abschluss eine Rundfahrt durch die Kanäle

Zum Abschluss gibt’s dann noch eine kleine Bootstour (meine Füße bedanken sich), während der wir schließlich einen Eindruck davon bekommen,  was die hanseatischen Kaufleute sahen, als sie mit Gewürzen, Pelzen oder Tuchwaren beladen hier anlandeten.

Insgesamt eine schöne Tour durch eine schöne Stadt.

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