21. Mai 2009, 2:45 Uhr. Anständige Menschen schlafen um diese Zeit. Unser Dorf tut es auch – bis auf fünf bleiche, unrasierte Gestalten (Hendrik, Dietmar, Lars, Stefan und mich) die sich in müden Dialogen ergehen: „Du siehst schlecht aus!“, „Ich hab überhaupt nicht geschlafen.“ oder „Wenn ich jetzt was esse, wird mir schlecht.“ Zwei der dazu gehörigen Frauen stehen kopfschüttelnd dabei: „Fahrt bloß endlich los!“. Ich gehe stark davon aus, dass sie wieder ins warme Bett möchten…
Gehorsam schleppt sich die Truppe zu den am Vortag beladenen Fahrzeugen, einem Sprinter mit drei Maschinen im Bauch und einem PKW mit Anhänger, der zwei weitere Motorräder transportiert. Unser Ziel ist das Rauriser Tal. Der Großglockner ist seit gut einer Woche wieder geöffnet und da wir wollen hin!
Klar könnten wir mit den Maschinen hinfahren, aber erstens sind nicht alle von uns Langstreckenfahrer und zweitens wären auch nicht alle Maschinen dafür geeignet.
6:30 Uhr. München liegt bereits hinter uns und der kleine Hunger meldet sich. Als Goodie haben wir einen riesigen Fresskorb mit bekommen, der jetzt auf der Terrasse einer Autobahnraststätte bei bestem Wetter geplündert wird. Bald sind wir am Ziel.
11:45 Uhr. Angekommen! Ein kurzer, herzlicher Empfang in der Pension Schwab, unserem Domizil für die nächsten Tage, dann werden die Maschinen ausgeladen und es geht auf zur ersten Runde.
Und die geht nach Saalbach/Hinterglemm. Dort ist ein großes Harley-Treffen und wir wollen – wenigstens von weitem – mal sehen, ob wirklich viele gekommen sind und was das so los ist. Uns ist schon klar, dass wir mit unseren Reiskochern bei den Rüttelplattenfahreren nicht willkommen sein werden. Aber Versuch macht bekanntlich klug und wenn wir die Maschinen weit genug entfernt parken, merkt vielleicht keiner, dass wir gar nicht dazu gehören.
Soweit unser Plan. Die Wirklichkeit sieht dann allerdings etwas anders aus. Zunächst wundern wir uns, dass wir nur sehr sporadisch auf die Schlachtschiffe aus Milwaukee treffen (Wo sind die? Ist das vielleicht doch kein so großes Treffen?). In Zell am See ist gar nichts los. Man hätte erwarten können, dass der See eine gewisse touristische Anziehungskraft ausübt, aber selbst auf der Straße nach Saalbach begegnen uns kaum Maschinen. Merkwürdig.
Schließlich erreichen wir Hinterglemm und stehen vor einer Barrikade. Der Ort ist quasi abgesperrt. Dahinter endlose Reihen geparkter Harleys. Alle fein sauber, fast wie aus dem Laden. Noch weiter hinten die dazu gehörigen Menschen. Viele sind ziemlich martialisch herausgeputzt, einige eher karnevalistisch. Wie die wohl im Job rumlaufen…? Mit Anzug und Kravatte? Schließlich sind die Objekte ihres Begehrs ja nicht als wirklich preisgünstig zu bezeichnen.
Wir schauen uns an und drehen einfach um. Das ist nichts für uns. Wir wollen fahren und wenn unsere Maschinen dabei dreckig werden, ist das normal. Auch haben wir überhaupt kein Verlangen, uns zu verkleiden. Na ja, so hat eben jeder seine eigene Welt…
Also umdrehen und um den See herum wieder zurück ins Rauriser Tal. Das ist allerdings eine Sackgasse und so kommen wir zwar bis zum Talschluss, müssen aber feststellen, dass dort (ganz im Gegensatz zu Hinterglemm) überhaupt nichts los ist. Was nun? Die Antwort ist eindeutig: „Bier auf der Terrasse der Pension.“ Es gibt keine Einwände!