Andalusien

Gefrühstückt wird an einer Tankstelle mit Restaurant: Tostada – was sonst… Und dann beginnt eine wirklich schöne Fahrt die eine Mischung aus Strecke und Landschaft hautnah werden soll.

Über die N376 sind wir von Ronda in kurzer Zeit auf die N384 gekommen. Das ist zwar eine der gut ausgebauten Hauptstraßen aber der befürchtete LKW-Verkehr bleibt aus. Vereinzelte Tanklaster sind rasch überholt und viel PWK-Verkehr herrscht auch nicht. Dafür kann man die recht dünn besiedelte Landschaft genießen, denn die Straße ist überhaupt nicht anspruchsvoll zu fahren. Ein paar Steigungen, ein paar Kurven – eigentlich ist es ein bequemes Vor-Sich-Hinrollen bis Antequera. Dort wird die Landstraße zur Autobahn und wir fahren nach wenigen Ausfahrten ab auf die N333 in Richtung Priego de Cordoba.

Beitrag 16.00

Hier in Andalusien befinden wir uns im größten Anbaugebiet für Oliven von Europa. Die Berge sehen aus wie mit einem groben Kamm gekämmt. Ein Olivenhain folgt dem nächsten. Bis Iznájar ist das interessant aber doch relativ weit weg von uns, denn die Plantagen reichen kaum bis an die Straße heran. Hinter Iznájar ändert sich das. Hier wird die Straße bedeutend schmaler und die Olivenhaine reichen bis an den Straßenrand.

Und es macht Spaß hier zu fahren! Riesigen Spaß! Die Straße ist prima gepflegt und außer uns beiden fährt offenbar niemand hier herum. Es wird eine rauschende Fahrt bergauf und bergab, zumal auch hier die Besiedelung recht dünn ist und nur selten ein Ort zu durchfahren ist.

Beitrag 16.01

Dann haben wir Priego de Cordoba erreicht. Die Stadtdurchfahrt ist schmal und man hat an jeder Kreuzung das Gefühl völlig falsch gefahren zu sein. Wegweiser? Fehlanzeige! Langsam und etwas unsicher tasten wir uns bei 39°C im Schatten durch den Ort. Und die Straße? Die Straße ist zum geteerten Feldweg geworden – was auch nicht gerade Anlass gibt, sich des richtigen Weges sicher zu sein.

Dafür wird die Weiterfahrt jetzt abenteuerlich. Die Straße – oder das was wir hier mal so nennen wollen – ist extrem kurvig, bergig und manchmal so schmal, dass selbst zwei Motorräder wohl Probleme hätten, aneinander vorbei zu kommen. Und sie ist stark verschmutzt von landwirtschaftlichen Maschinen, die aus den Feldwegen der Plantagen gekommen sind und Sand, Steine, Äste und Blätter hinterlassen haben. Die rauschende Fahrt vom Vormittag ist einem Schleichtempo gewichen, bei dem man jede Sekunde aufpassen muss, um nicht wegzurutschen.

Beitrag 16.0415:00 Uhr. In Valdepeñas de Jaén müssen wir tanken und wollen ein Eis essen, denn die 39°C lassen nicht nach. An der Tankstelle verweist man unseren Wunsch nach dem Eis an das daneben liegende Restaurant mit Café.

Die Terrasse des Restaurants ist vornehm eingedeckt, aber menschenleer. Drinnen in einem weitläufigen Saal stehen ebenfalls lauter piekfein eingedeckte Tische. Auch hier ist außer uns niemand. An der Wand brummt ein riesiger Kühlschrank vor sich hin – mit verschiedensten Eissorten! Das ist es! Hier sind wir richtig! Wir rufen nach einer Bedienung — oder überhaupt nach jemandem, der uns hoffentlich das Eis herausgibt. Es kommt niemand. Alles ist gespenstisch still. Einfach ein Eis rausnehmen? Das kommt sicher nicht gut an. Also ab durch eine Tür in Richtung Café, durch einen kleinen dreckigen Treppenhausflur und durch einen Vorhang, hinter dem Stimmen zu hören sind.

Wir sind im Café. Es stinkt nach Zigarettenrauch. Auf dem Boden Kippen, Bonbonpapier und allerlei anderer Unrat. Am Tresen sitzen ein paar Männer bei Bier und Wein. Dahinter ein Junge, der bedient. Aber nicht uns. Wir sind gar nicht da. Ich frage ihn, ob wir ein Eis bekommen können. Keine Reaktion. Zweite Anfrage – wieder keine Reaktion. Ich gehe hinter den Tresen und schnappe ihn, er soll jetzt mitkommen.

Unwillig lässt er sich durch den dreckigen Treppenhausflur in das Restaurant dirigieren. Ich öffne den Kühlschrank, bedeute ihm, dass wir zwei Eis haben wollen und — keine Reaktion. Jetzt nehme ich doch einfach zwei Eis heraus, er dreht sich um und geht zurück. Ich folge ihm. Er verschwindet hinter dem Tresen als wären wir gar nicht da gewesen. Aber unser Geld nimmt er…

Wir setzen uns an einen der freien, dreckigen Tische, essen das Eis und beobachten die Leute am Tresen. Jeder wirft, was er nicht mehr braucht, einfach neben oder hinter sich – zum Teil mit großer, wischender Geste. Das Café ist eher eine begehbare Mülltonne. Was für ein Gegensatz zum Restaurant.

Beitrag 16.02

Es geht weiter. Kurz hinter dem Ort ist die Straße plötzlich wieder breit und groß ausgebaut – obwohl außer uns auch hier niemand zu sehen ist. Und ab Los Villares geht es dann in Serpentinen bergab. Plötzlich haben wir einen atemberaubenden Blick auf die Provinzhauptstadt Jaén, die als gedrängtes Ensemble von Bauten mit einer riesigen Kathedrale in der Mitte im Tal vor uns liegt. Einfach großartig! Es soll die schönste Renaissancekirche Andalusiens sein und selbst aus dieser weiten Entfernung sind wir durch den imposanten Anblick geneigt, das zu glauben.

Beitrag 16.03

Um zu Übernachten ist es noch etwas zu früh und so fahren wir noch bis Ubeda, einer ebenfalls sehr mittelalterlich anmutenden Stadt mitten in den weitläufigen Olivenhainen. Dort finden wir eine preiswerte Pension. Abgesessen, ausgepackt und ab unter die kühlende Dusche. Aber was für ein Schreck: Das Wasser ist nicht kalt sondern heiß. Nach einer Schrecksekunde springe ich aus der Wanne, probiere, ob ich den falschen Wasserhahn aufgedreht habe. Nein, aus dem Warmwasserhahn kommt noch heißeres Wasser. Was denn nun? Ich will mich waschen, nicht abbrühen. Während ich auf dem Wannenrand sitzend überlege, läuft das Wasser weiter – und siehe da, nach einiger Zeit kommt doch noch kaltes Wasser.

Nun, andere Länder, andere Sitten: Zu Hause haben wir kaltes Wasser, das wir erwärmen müssen. Hier scheint es genau andersherum zu sein, denn am nächsten Morgen hat sich nichts verändert. Heißes Wasser kommt sofort, kaltes erst nach einiger Zeit.

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