Niederfinow – Berlin – Luckenwalde – nach Hause

Sonntagmorgen in Stettin

Am nächsten Morgen ist Sonntag. In der Stadt herrscht kein Verkehr, da sieht man überhaupt erst einmal, dass hier auch entlang der Hauptstraßen wunderschöne alte Wohnhäuser stehen. Jetzt sind die roten Ampeln eher angenehm, geben Gelegenheit, sich umzusehen. Bis zur Grenze geht es denselben Weg zurück, auf dem wir gestern gekommen sind, nur heute eben deutlich entspannter.

Auf der B2 nach „Bärlin“

Dann soll uns die B2 nach Berlin bringen. Viele Umwege können wir uns nicht mehr leisten, weil am Montagabend schon wieder Termine auf uns warten. Und von Berlin bis nach Hause haben wir uns die B101 vorgenommen. Sie ist zwischen Aue und Großenhain eine der schönsten und abwechslungsreichsten Bundesstraßen (ohne viel Verkehr) in Sachsen und ich will doch mal sehen, wie das bislang von uns unbefahrene Stück zwischen Großenhain und Berlin-Neukölln (da beginnt bzw. endet die B101) aussieht.

Niederfinow: Das alte Hebewerk

Aber gegen Mittag in Eberswalde ist es uns dann doch langweilig und wir biegen links ab nach Niederfinow. Die 12 Kilometer Umweg leisten wir uns. Zum einen steht da ein wirklich sehenswertes altes Schiffshebewerk, das im Gegensatz zu dem in Waltrop bei Dortmund noch in Betrieb ist und zum anderen kann man dort schnell und recht ordentlich etwas essen – wir wären nicht zum ersten Mal da.

Gleich daneben, das neue Hebewerk

Es ist immer noch Sonntag und wir sind nicht allein unterwegs mit den Maschinen. Das weiß auch die grüne Trachtenguppe und hat einen erstaunlich gut besuchten Laserbeobachtungsposten direkt vor der letzten Kurve zum Hebewerk aufgestellt. Da machen sich aufmerksames Beobachten des Gegenverkehrs, rechtzeitiges Hinschauen und behutsames Fahren bezahlt – auch, wenn die sich hinter uns inzwischen aufgestaute Bikertruppe wahrscheinlich vor Wut über die 30 km/h kocht, jetzt dürften sie froh sein, kostenlos weiterzufahren.

Der alte Trog mit zwei Booten

Natürlich ist auch der Parkplatz voll – und Parken ist, ebenfalls natürlich, nicht kostenlos. Das merken dann einige ganz Schlaue, die in der Parkverbotszone nebenan ihre Maschinen abgestellt haben, als ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes Knöllchen verteilt und jeglicher Diskussion widersteht. Wer an so einem Tag meint, hier ungeschoren durchzukommen, muss schon einigermaßen unbedarft sein. Auch, wenn meine Oma immer sagte, „Das Glück ist mit die Dummen“, heute stimmt der Satz nicht.

Sonntagnachmittag in „Bärlin“…

Nach diesen für uns amüsanten Erlebnissen und der ausgiebigen Beobachtung eines Hebeganges mit ein paar Ausflugsbooten im Trog, machen wir uns nun doch endlich auf den Weg nach Berlin – allerdings nicht über die B2, sondern über die B158 – und geraten in einen üblen Stau bei Ahrensfelde. Aber was soll’s, nach Kolonnenhopping steht uns nicht der Sinn (ist wohl noch das Suppenkoma); wir trudeln irgendwie mit und kommen schließlich doch in Berlin an.

Der Verkehr hier am Sonntagnachmittag hat die Dichte vom Samstagabend in Stettin mit einem Fahrstil, der von allem etwas bietet: Südländische Hektik, kombiniert mit dem rustikalen Stil des Baltikums. Irgendwie ist vom allem was dabei. Na ja, Berlin möchte schließlich irgendwann mal Weltstadt sein. Da muss man halt üben…

Hier beginnt – ganz unspektakulär – die B101

Schließlich haben wir die B101 erreicht. Zunächst eine ganz normale Wohnstraße, mausert sie sich ab dem Stadtrand zu einer Art Autobahn: Vierspurig mit Mittelstreifen – wenig berauschend, aber es kann ja noch besser werden.

Viel besser wird es bis Luckenwalde, unserem Tagesziel, allerdings nicht. Wir haben diesen Ort nicht ausgewählt, weil er so besonders ist, sondern weil er strategisch günstig am Weg liegt und ein bezahlbares Hotel buchbar war: Ein historischer Vierseithof, in dessen Mitte wir die Maschinen gut geschützt unterstellen und das Tagesgepäck einfach durch ein Fenster verfrachten können. Unser Zimmer liegt nämlich im Erdgeschoss.

Das Hotel „Vierseithof“ in Luckenwalde

Der Rest des Ortes ist tatsächlich wenig erwähnenswert. Die zentrale, eigentlich recht ansehnliche Fußgängerzone ist wie leergefegt, weit und breit niemand zu sehen. Einige Lokale haben Tische auf der Straße – leer, innen wie außen. Wir setzen uns beim Italiener auf die sommerlich warme, unerwartet gut besetzte Terrasse – wo viele Leute sitzen, kann das Essen nicht ganz schlecht sein. Der Montepulciano entspannt.

Gegen 19:00 Uhr schaltet der Inhaber des Asia-Imbisses gegenüber die Musik ab, rumpelt den alten klapprigen Holzrollladen runter, schaut noch einmal in sein nun abgehängtes Schaufenster, löscht die Lichter und schließt ab. Hier isst heute niemand mehr.

Die bestellten „Saltimbocca alla Romana“ kommen etwas zu schnell und während wir noch überlegen, ob der Koch wohl das Rezept kennt und weiß, dass sie nicht aus totgebratenen Schweinemedaillons bestehen, fällt uns ein Smart auf, der ein Stück in die immer noch menschenleere Fußgängerzone fährt um dann in einer Einfahrt zu verschwinden. Weil die Häuserzeile an einen Park mit Flüsschen und Teich angrenzt, wundert es uns, dass er dort nicht wieder raus kommt, sondern sich die Szene etwa alle 20 Minuten wiederholt. Murmeltiertag? So viel Wein hatten wir doch noch gar nicht…

Die völlig verlassene Fußgängerzone

Nun. nach dem Essen folgen wir der smarten Spur und stellen fest, dass es hinter den Häusern sehr wohl noch eine kleine Straße gibt. Aber das ist dann auch alles an abendlichem Vergnügen. Hier ist wirklich der Hund begraben: Keine Menschen, kein Verkehr. Selbst das Hotel ist personallos, völlig ohne Service – nichtmal ein Getränkeautomat. Außerdem scheinen wir die einzigen Gäste zu sein. Keine Geräusche, kein Licht – außer man bewegt sich – die Stille im Haus ist geradezu ohrenbetäubend. Es wird eine ruhige Nacht…

Das Frühstück am nächsten Morgen könnte von der Optik her in eine Kunstausstellung gehören, so ansprechend ist es hergerichtet. Allerdings ist es äußerst knapp bemessen, was den Hunger angeht. Na egal, wir packen die Maschinen und fahren weiter.

B101 hinter Luckenwalde…

Die B101 präsentiert sich auf dieser Strecke nicht gerade als das Highlight, das wir aus Sachsen kennen. Abwechslungsreich kann man die Landschaft nicht gerade nennen, obwohl Strecken durch Wald und Wiesen abwechseln. In Herzberg tanken wir, dann kommt schon Elsterwerda und kurz darauf haben wir Großenhain erreicht. Unser Gesamteindruck von der Straße: Zwischen Aue und Großenhain JA, aber dann eher NEIN. Wer allerdings flott voran kommen und die Autobahn meiden will, ist auch mit diesem Teilstück bis Berlin gut bedient.

Nossen, die Burg am Rande der B101

Wir entscheiden uns, ab Nossen auf die Autobahn zu wechseln und möglichst rasch nach Hause zu kommen. Die Termine rufen und müde sind wir durch die Spätsommerhitze auch.

Fazit: Was wir uns vorgestellt hatten, ist nur zum kleinen Teil erfüllt worden. Die Lausitz ist nett, aber flach und manchmal sehr eintönig (auch andauernder Wald kann eintönig sein). Von Oder und Neiße haben wir, was die Aussicht angeht, nur homöopathische Dosen mitbekommen, Radfahrer haben es mit dem Oder- bzw. Neißeradweg da wohl besser. Highlights der Reise waren eindeutig Bautzen und Stettin – wobei letztere auf unserer virtuellen Liste der unbedingt noch einmal in Ruhe zu besuchenden Städte steht!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

©2018 by benn-family / Präsentiert mit WordPress