Eine Insel auf der Insel

Ok, wir müssen zwei Stunden im Bus von Southampton nach London fahren, aber diese Tour ist Pflicht. Drei oder sogar vier Anläufe hatten wir in den vergangenen Jahrzehnten unternommen, um einmal nach London oder nach England zu kommen. Immer kam irgend etwas dazwischen. Da wird man schon fast abergläubisch. Aber jetzt sind wir endlich in Reichweite.

Bereits auf dem Weg über die Autobahn können wir uns wieder über den britischen Humor amüsieren, wenn auf einem Schild mit der Anzeige von Sehenswürdigkeiten (analog zu den braunen Schildern an unseren Autobahnen) Westminster, Legoland und Ascot in einem Zuge genannt werden. Was für eine reizende Mischung!

Und dann, als wollte sich London doch noch einmal vor uns verstecken, Stau, Stau und noch einmal Stau. Auf der Autobahn in den Vororten und in der Stadt selbst. Wir stecken im morgendlichen Berufsverkehr. Unser erster Eindruck von dieser Metropole.

Wir haben uns bei der Buchung des Ausfluges von dem Gedanken leiten lassen, einen London-Schnupperkurs zu belegen: Panoramafahrt. Das allerdings heißt auch, dass wir eigentlich nirgends aussteigen, um etwas direkt anschauen zu können. Wir merken es zu spät…

Andererseits ist die Stadt derart überfüllt, dass wir wohl ohnehin nichts hätten im Detail besuchen können: Vor dem in Baugerüste eingepackten Parlamentsgebäude (man erkennt fast nichts vom Gebäude) der ebenfalls eingerüstete Queen Elisabeth Tower mit der zur Zeit still gelegten Glocke Big Ben (sie schlägt erst wieder in ein paar Jahren), die Westminster Abbey und die St Margaret’s Church. Überall lange Menschenschlangen davor, deren Bewegungsgeschwindigkeit auf Wartezeiten von mehreren Stunden schließen lässt. Wir huschen kurz über den Parliament Square und machen rasch ein paar Fotos.

Es geht weiter zum Convent Garden und zur St Paul’s Cathedral, zur Tower Bridge und zum Tower selbst. Dann geht’s weiter zum Mittag in einen Pub, in dem es (natürlich, was wohl sonst) Fish & Chips gibt.

Irgendwie war dieses Essen in Edinburgh authentischer, obwohl wir dort ja in Schottland waren. Aber gut, zum Nachtisch gibt es ein warmes Apfeltörtchen mit Schlagsahne; angeblich auch typisch englisch, aber deutlich europäischer als Marzipantorte mit warmer Pfefferminzsoße, was ich als etwas typisch Englisches befürchtet hatte.

Auf der Weiterfahrt versorgt uns – wie üblich – die Reiseführerin mit allerlei Historischem, was wir – ebenso üblich – fast sofort wieder vergessen. Und die Tower Bridge zu fotografieren, ist nicht ganz einfach: An guten Aussichtspunkten ist absolutes Halteverbot! Und obwohl der Bus dort trotzdem hält, müssen wir erst über eine hohe Balustrade zwischen Fahr- und Fußweg klettern, um ein Bild zu machen. So kann man die Touris auch zwingen, Postkarten zu kaufen…

Tower Bridge

Beim Tower of London verbleiben ihre Schilderungen all der Gehänkten und Geköpften, der Kronjuwelen und der Beefeater, diesen ulkig bunt gekleideten Wachen, die eigentlich gar nicht die wirklichen Beefeater sind (das sind nämlich die Raben im Tower, die täglich mit Rindfleisch gefüttert und durch Kupieren ihrer Federn am Fortfliegen gehindert werden) etwas länger im Kopf. Aber vielleicht liegt es auch daran, dass wir gleich gegenüber dieses Bauwerks an einem Pub vorbei kommen, der den Namen The Hung, Drawn & Quartered trägt. Der Übersetzung unserer Reiseleiterin gemäß Die Gehänkten, Ausgeweideten & Gevierteilten. Wieder mal britischer Humor eben…

Tower of London

Wir sind fast schon auf der Rückfahrt, aber zuvor statten wir noch der Queen einen Besuch ab. Einmal den Buckingham Palace gesehen zu haben sollte doch möglich – heute morgen war die Zufahrt gesperrt – und geradezu Pflicht sein. Und tatsächlich, Lisbeth ist zu Hause. Ihre Fahne weht über dem Schloss. Leider nimmt sie von uns keine Notiz. Sie lässt sich nicht sehen. Auch Phil, der ja nun seit einiger Zeit Rentner ist, taucht nicht auf – tja, Rentner haben eben nie Zeit…

Buckingham Palace
Knightsbridge

Wir verlassen London auf dem Weg durch allerlei Nobelviertel, wie z.B. Knightsbridge, und vorbei an Harrods – ja, ja das ist das Kaufhaus mit der Geschichte von Diana und Dodi. Hier wären wir gern noch einmal ausgestiegen.

Aber ehrlich, die Müdigkeit beutelt uns! Und nicht nur uns: der Kopf meines Vordermannes fällt ab und an mit einem dumpfen pfluff auf die Sitzlehne seines Vordermannes. Er schläft.

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