Haben wir gestern den Höllenritt vollzogen, haben wir es heute mit der „Durststrecke“ zu tun. Nur wenige Kilometer hinter dem Campingplatz der letzten Nacht – auf dem es weder Verpflegung noch Frühstück gab – haben wir das Tal des Tejo erreicht. Was für ein Gegensatz zum Duro! Hier geht es fast schnurgerade an nicht enden wollenden Maisfeldern, an Weinreben, an Maisfeldern und wieder an Weinreben vorbei. Zwischendurch kommt mal ein kleiner Ort und dann geht es wieder von vorne los. Mich erinnert die Landschaft an die Po-Ebene in Italien. Die fand ich auch so langweilig.
Gegen Mittag haben wir Setubal erreicht – Lissabon lassen wir aus, es ist uns einfach zu heiß, um die Stadt zu besichtigen – und wollen die Fähre nach Troia nehmen. Allerdings lernen wir durch unser Navi erst einmal die engsten und steilsten Straßen der Altstadt von Setubal kennen, denn wir werden geradewegs an die Hafenhauptstraße geleitet, die an der Stelle, an der wir „bitte rechts abbiegen“ sollen, mit einer Leitplanke versperrt ist. Rechts vor der Leitplanke geht es aber eben in diese winzigen, verwinkelten Gässchen. Hier ist wieder einmal Balance gefragt, um oben zu bleiben und ein gehöriges Maß an eigenem Orientierungssinn, denn die nette Navigon-Dame will uns wieder durch Hausflure und über Balkone leiten… Die Bewohner dieser Region finden uns offenbar gar nicht komisch: Die meisten von ihnen gestikulieren wild herum oder schimpfen sogar hinter uns her.
Die Überfahrt ist sehr angenehm, denn es weht ein kühler Fahrtwind: Meine Thermometer-Uhr zeigt nur 37° C an! Ab Troia wird es dann zwar nicht viel heißer, aber schrecklich langweilig. Die Straße führt uns schnurgerade durch eine absolut flache Dünenlandschaft. Wer hier Urlaub macht, müsste nach unserer Ansicht noch Geld dazu erhalten, aber es wimmelt geradezu vor Touristen, die in den Hotels und Ferienhäusern urlauben.
Nach etwa einer Stunde Fahrt geradeaus sind wir in einer Allee aus Kiefern oder Pinien gelandet, die zwar sehr nett aussieht, uns aber einiges abverlangt, denn die Bäume haben den Straßenbelag mit ihren Wurzeln stark angehoben und bei jedem Baum gibt es eine kurze, aber knackige Bodenwelle. Hier schnell zu fahren verbietet sich von selbst – obwohl es wie zuvor immer nur geradeaus geht – und auch bei relativ langsamer Fahrt werden die Bandscheiben arg strapaziert. Zeitweise fahre ich einfach im Stehen auf den Fußrasten und lasse die Maschine unter mir Bocksprünge machen.
Kurz vor Grãndola bemerke ich, dass wir uns wieder einmal verfahren haben (irgendwie ging es überall nach Grãndola). Wir biegen auf die IC33 nach Sines ab. Vielleicht ist das Cabo de Sines ja ein Ort mit schöner Aussicht. Leider nicht! Sines ist mit stinkender Großindustrie gesegnet: Chemiewerke, Kraftwerke, Pipelines, kurz, alles was den Arbeitsmarkt erfreut – und das Kap liegt unter einem dicken, rötlichen Dunst aus Abgasen. Da flüchten wir doch ganz schnell mal auf die IC4 Richtung Süden und auf die Landstraße 120.
Ab Cercal do Alentejo wird es dann landschaftlich und fahrerisch wieder angenehm. Wir biegen auf die Küstenstraße ab, sehen aber fast nichts vom Meer. Dann wieder auf die 120, die ohnehin gut zu befahren ist. Jetzt wechseln sich auch noch Wälder und Hügel ab, so dass die Fahrt wieder Spaß macht. Der Tag endet schließlich auf dem gut geführten Campingplatz von Odeceixe. Morgen soll es dann zum Cabo de São Vicente, zur „letzten Bratwurst vor Amerika“ gehen.
Nach 3.405 Kilometern erreichen wir tatsächlich am nächsten Morgen das Kap San Vicente. Es stürmt geradezu und sehr warm ist es daher hier nicht. Die Händler, die ihre Souvenirs feilbieten, haben ihre Waren zum Teil mit Planen abgedeckt, die sie an den Auslagetischen festgebunden haben. Zum Leuchtturm kommt man leider auch nicht. Der ist für Touristen abgesperrt. Die Wurstbude mit der „letzten Bratwurst vor Amerika“ gibt es allerdings wirklich.
Wir klettern ein wenig auf den Felsen des Kaps herum, machen ein paar Fotos, schwatzen mit ein paar deutschen Touristen und fahren gegen 12:00 Uhr wieder weiter. Der Ausblick auf Sagres und auf die Steilküste ist von hier aus schon recht schön, aber insgesamt hat das Kap weitaus weniger touristischen Wert, als erwartet bzw. erhofft.