Cliffs of Moher

Mittwoch. Das Wetter hat sich gebessert! Kein Regen, nur Wind. Unser Ziel heute: Die Cliffs of Moher und der Aussichtspunkt Loop Head. Und um dahin zu kommen, fahren wir ein gutes Stück den „Wild Westcoast Way“, die Küstenstraße entlang der kompletten Irischen Westküste, die noch vor wenigen Jahren eine Art Geheimtipp war und inzwischen  – bestens ausgeschildert – für Touris aller Couleur (PKW, Bus, Wohnmobil und natürlich Biker) quasi zum Pflichtprogramm gehört. Aber da Irland ohnehin nicht von Touristen überlaufen ist, hält sich der Verkehr auch heute in Grenzen.

Westcoastway
Entlang der Küste auf dem Westcoast Way

Es ist schön, hier zwischen Meer und Berg gen Süden zu düsen. Links der Straße sind es Steinwälle, Knicks und kleine Weiden zwischen vereinzelten Häusern, die den Weg begrenzen; rechts gibt es immer wieder weite Ausblicke über die Küste, den vom Wind aufgewühlten Atlantik und dessen weiß bekrönte Wellen, die auf zerklüftete, flache Felsen laufen.

Westcoast Way
Zwischen Felsen und Meer

Vom Leuchtturm Black Head sieht man kaum mehr als die schwarze Spitze auf einem etwas angerosteten weißen Turm. Für uns versteckt er sich hinter einem der vielen Steinwälle, für die großen Transatlantlk-Liner, die Anfang des 20. Jahrhunderts in der Bucht von Galway ankerten, um ihre Passagiere in die Stadt auszuschiffen, war er jedoch eine wichtige Markierung in der unsicheren, felsigen Küste.

Pause
Murrooghtoohy – einfach unaussprechlich (für Nicht-Iren)

Ein Stückchen weiter bei Murrooghtoohy legen wir eine Pause ein. Im Gegensatz zur Ecke bei Black Head ist die Küste flach, die Felsen rund gewaschen, liegen verstreut im Gras. Seinen Namen hat die kleine Bucht von einer speziellen Seegrasart, die hier zum Füllen von Kopfkissen und Matratzen geerntet wurde. Nun, wir ernten heute kein Seegras, sondern einen Geocache.

Gegen Mittag erreichen wir die Cliffs of Moher, die sich über eine Länge von rund acht Kilometern erstrecken. Sie sind mit 214 Metern zwar bei weitem nicht die höchsten Klippen Irlands, aber die touristisch am besten erschlossenen. Es gibt ein Infozentrum, befestigte Wege, einen Aussichtsturm und natürlich einen Souvenirshop.

Cliffs of Moher
Die Cliffs of Moher

Der Wind hat zugenommen, weht jetzt heftig. 7 bis 8 Bft. sind es sicher. Ich komme mich an meinen ersten Besuch am Nordkap erinnert vor. Dort hielten damals Eltern ihre Kinder fest, damit sie nicht wegwehten. Heute haben wir selbst das Gefühl, weggeweht zu werden. Nicoline gibt nach der Hälfte des Weges zum Aussichtsturm auf, geht zum Infozentrum zurück; ich schaffe es auch nicht ganz.

Der Leuchtturm
Der Leuchtturm oberhalb der Cliffs

Eine Böe weht mir fast die Brille von der Nase, ganz knapp fange ich sie noch vor dem Zubodenfallen auf. Habe ich mich zwei Schritte vorgekämpft, werde ich drei retour geweht. Bin ich drei Stufen hinauf gestiegen, drängt mich der Wind gleich wieder runter. So komme ich nicht weiter. Der Sturm macht weiteres Aufsteigen zum Turm unmöglich. Wer bereits oben ist, hält sich gegenseitig fest oder klammert sich an die Steinmauern, die eigentlich ein Herabfallen von den Klippen verhindern sollen.

typische Kleinstadt
Eine typische Kleinstadt-Hauptstraße

Zurück im Infozentrum beschließen wir, nicht weiter den Westcoast Way zu fahren, sondern im Inland dem Sturm etwas zu entgehen. Eine gute Entscheidung! Und so machen wir uns auf den Weg, über Ennistimon und Kilfenora, zwei kleine, typisch irische Städtchen, an deren einziger größerer Straße in der Regel alles, was wichtig ist – auf jeden Fall also der örtliche Pub – in meist einstöckigen, oft bunt gestrichenen Häusern angesiedelt ist, und über kleine und kleinste Straßen, die zwar asphaltiert aber wegen der zahlreichen Kurven recht unübersichtlich sind und insbesondere bei Gegenverkehr höchste Aufmerksamkeit erfordern, nach Carron im Hochland des Burren zu fahren. Hier ist der Wind erträglich, wird meist durch Buschwerk oder die straßenbegleitenden Steinmauern zurück gehalten.

Nebenstraße
Wir fahren auf kleinen Nebenstraßen – den Burren immer im Blick

Mike, unser „Reiseleiter“, weiß zu erzählen, dass Carron einst verlassen wurde, weil der Armut und des Hungers wegen die Bewohner auswanderten. Das Dorf verfiel. Als sich die Lebensumstände gebessert hatten, kamen sie zurück, renovierten aber nicht ihre alten Häuser, sondern bauten wenige hundert Meter daneben einfach neue.

Carron-Panorama
Panorama über den Ort Carron – den es so nicht mehr gibt

Natürlich suchen wir nach dem alten Dorf, wollen uns die Reste der Häuser, der Kirche und des Friedhofs anschauen, finden aber nur ein paar Leute, die dabei sind, eine der Hausruinen zu zerlegen. Offensichtlich verwendet die aktuelle Generation das alte Carron als „Steinlager“ zur Wiederverwendung. Irische Nachhaltigkeit!

Friedhof
Letzter Stopp des Tages am Friedhof „Bishop’s Quarter“

Zum Abschluss der Tagesrunde gibt es dann noch einen Kulturstopp am Friedhof Bishop‘s Quarter, auf dem alte wie neue Gräber ausnahmslos mit dem  Keltenkreuz geschmückt sind, dieser alten Verbindung zwischen christlichem Kreuz und keltischem Sonnenrad, und in dessen Zentrum die mit Efeu überwucherten Reste einer Kirche alte verwitterte Grabplatten beherbergen. Ein für dieses Land stilvolles Tourende.

Keltenkreuz
Das typische Keltenkreuz findet sich auf allen Gräbern

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