Bratislava

Endlich mal ein ruhiger Vormittag. Unser Schiff ist die ganze Nacht stetig „bergauf“ gegen den Strom gefahren und nur das leise Rütteln der Kabinentür ließ darauf schließen, dass die etwas betagte Maschine gut zu tun hatte.

Proportional zur Entfernung von Budapest nimmt allerdings auch der Orbánsche Einfluss auf das Wetter ab: Es nieselt als wir die imposante Schleuse Gabčikovo an der Grenze zur Slowakei mit ihren über 20 Metern Hub passieren.

Bratislava. Wir liegen direkt unter der Pressburg, einem quadratischen Bauwerk mit vier Türmen. An jeder Ecke einer, weshalb sie der Volksmund „Umgedrehter Tisch“ nennt. Ein Ausflugsbus, als Bestandteil unseres Kulturabos, bringt uns dorthin. Der Guide empfiehlt einen Blick in den Garten, sowie auf die Altstadt und bemerkt, dass es gerade wieder zu regnen beginnt.

„Ich habe aber keinen Schirm!“

Es gibt wohl niemanden, der nicht weiß, wer sich da gerade beschwert und man kann das durch den Bus wabernde, kollektiv gedachte „na und“ geradezu mit den Händen greifen.

Der Burggarten

Brav schauen wir uns Garten und Ausblick an, sind aber nicht gerade überwältigt von dem Ensemble, denn das Haus ist komplett leer und irgendeine Assoziation zu Kaiserin Maria Theresia und der Blütezeit der Burg will sich nicht recht einstellen.

Also weiter zur Besichtigung der Altstadt. Unser Guide weist mehrfach und irgendwie eindringlich darauf hin, dass der Bus direkt wieder zum Schiff fährt und alle, die sich den Rundgang nicht zutrauen oder einfach keine Lust dazu haben, drin sitzen bleiben können. Bis auf zwei Personen steigen alle aus – und niemand vermisst sie…

Gang durch die Altstadt

In der Altstadt die üblichen historischen Erläuterungen, die in der Regel spätestens nach zwei Minuten wieder vergessen sind. Als Highlight dann eine Tasse Schokolade in genau jener Zubereitung, nach der Maria Theresia geradezu süchtig gewesen sein soll und die bei häufigerem Konsum durchaus geeignet ist, mit der Zeit ihre Körperfülle anzunehmen.

Maria Theresia

Am Ende der Führung besuchen wir noch auf eigene Faust den Schönen Náci. Mitte des letzten Jahrhunderts lief dieser mit Frack und Zylinder bekleidet durch die Altstadt von Bratislava und begrüßte jede Frau unter Lupfen seines Hutes mit „Küss die Hand“ auf Slowakisch, Ungarisch und Deutsch. Er starb 1967 an Tuberkulose und man setzte ihn ihm mit dieser Figur ein Denkmal als Stadtoriginal.

Der Schöne Naci

Auch den Čumil, den „Man at work“ besuchen wir. Es ist die Bronzestatue eines Arbeiters, der für die Anstrengungen um die Revitalisierung der Altstadt und die Rekonstruktion der dortigen Fußgängerzone steht. Wir erweisen ihm die Referenz und streichen ihm über seine Mütze.

The Man at Work

Beim Abendessen schließlich ergibt sich eine rege Diskussion über Umwelt, Fridays for Furure, über die bevorstehenden Wahlen und auch über ganz allgemein interessierende Themen. Wir haben offensichtlich einen „guten“ Tisch erwischt. Niemand redet über Krankheiten oder andere Gebrechen. Aus einer Stunde für die Mahlzeit werden so rasch drei und die Crew beginnt gegen 21:00 Uhr, unsere Runde dezent aber merklich aus dem Restaurant zu mobben. Die Befürchtung, bei nur 100 Mitreisenden und festen Plätzen mit… Na, lassen wir das. Wir sind sehr zufrieden!

Die Burg bei Nacht

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