Erster Ausflug – Herzogenburg

Wenn wir etwas machen, machen wir es ganz – wenngleich nicht immer richtig, aber das wird sich ja diese Woche noch zeigen. Deshalb haben wir zwei Pauschalpakete zur Reise mitgebucht. Das Getränkepaket bewährte sich bereits gestern als Anästhetikum gegen „Rudis musikalischen Tagesausklang“ und das Ausflugspaket bringt uns bereits heute die Kultur entlang der Donau nahe.

Auf langsamer Fahrt durch die Wachau

Vorher fahren wir allerdings erst einmal durch die Wachau. 34 österreichische, weitgehend naturbelassene Donaukilometer. 34 von 350. Und wenn es nicht andauern regnen würde, könnte man sie sogar auf dem Oberdeck im Liegestuhl genießen. Aber auch bei Regen gibt die Wachau ihr bestes: Wald, Berge, Burgen, Weinhänge und Flusswindungen. Eine schöne Panoramafahrt.

Burgen und Weinberge in der Wachau

Gegen frühen Nachmittag erreichen wir Krems. Von hier geht’s per Bus nach Herzogenburg, einem der vielen Stifte, mit denen sich die ebenso vielen Adligen im Mittelalter ihren üblen Lebensstil vor dem Dahinscheiden vom Klerus sanktionieren ließen – immer nach dem Motto „die Münze in dem Beutel klingt, die Seele in den Himmel springt“, nur halt im ganz großen Stil.

Willkommen in Herzogenburg

Am Stift angekommen, begrüßt uns ein großes Plakat: „Ob Sie an Gott glauben oder nicht, ändert nichts an seiner Existenz. Aber vielleicht an Ihrer.“ Provokant. Erzkatholische, christliche Philosophie. „Im Anfang war das Wort…“. Ich mag den Johannes!

Das Stift betritt man durch den Shop. Pragmatismus zum Überleben. Es gibt eben nicht mehr so viele Stifter, die sich in den Himmel wünschen und der Glaube daran, die Kirche könne diesbezüglich das eine oder andere gute Wort an entsprechender Stelle einlegen, fand im Mittelalter auch eher Konsens als heute.

Kunstvolle Schnitzereien

Die Führung geht vorbei an zahlreichen künstlerischen Verewigungen der im Stift über die Jahrhunderte herrschenden Äbte, in prächtige Repräsentationsräume und durch kleine Schatzkästchen. Zimmer, in denen sich Bilder, Figuren, liturgisches Zubehör und aufwändig bestickte Gewänder von unschätzbarem Wert befinden.

Fremdenführer erhalten ihr Salär für gesprochenes Wort. Und plötzlich gibt es einen Verdienstausfall. Eine – hier aus Gründen der Höflichkeit nicht näher beschriebene- Mitreisende ergreift dreist eines der kostbaren Messgewänder und ruft: „Das soll wertvoll sein? Das ist doch ein T-Shirt! Sowas kann ich auch nähen!“

Stille!

Selbst unserer, sich sonst in fröhlichen Anekdoten ergehenden Fremdenführerin verschlägt es die Sprache. Aus dem Kreis der Mitreisenden kommt nach ein paar Schrecksekunden der Hinweis, dass unterhalb des schlichten Gewandoberteiles aufwändigste Lochstickerei zu finden sei, aber dem Gesichtsausdruck der Angesprochenen ist zu entnehmen, dass sie sich nicht vorstellen kann, wie man etwas sticken kann, was hinterher nicht mehr da ist.

In der Bibliothek

Im nächsten Raum, einer prachtvollen Bibliothek, in der wissenschaftliche Erkenntnisse aus Jahrhunderten fein säuberlich katalogisiert und verwahrt werden, erfahren wir, dass der Bestand öffentlich verfügbar ist und insbesondere zum Thema Astronomie gern Anfragen an den aktuellen Bibliothekarsbruder gestellt werden. Die besagte Mitreisende schaut ungläubig von Bücherschrank zu Bücherschrank. Wahrscheinlich fragt sie sich, wieso jemand ein Horoskop von vor hundert Jahren noch einmal anschauen möchte.

Altar der Stiftskirche

Abschließend die Stiftskirche. Man ist erschlagen von der barocken Pracht. Und während die Fremdenführerin erklärt, dass der Prunk durchaus dazu gedient haben könnte, das gemeine Volk optisch zu beschäftigen, während der Pfarrer, mit dem Rücken zu eben diesem, allerlei Lateinisches – und damit Unverständliches – von sich gab, versucht unser Enfant Terrible jede Schublade und jedes Schränkchen zu öffnen (was sie, da alle verschlossen sind, zu einer merklichen Hektik treibt).

Die Orgel

Damit und mit ein paar eher weniger qualifizierten Anmerkungen unserer Mitreisenden zu dem historischen Seilzugmechanismus, der seit Jahrhunderten langsam, aber präzise die Kirchentür schließt (ob man da nicht mal was Moderneres hätte einbauen können…) endet unsere heutige Kultour.

Abends wissen wir dann wieder die Annehmlichkeit des Getränkeabos zu schätzen, wenn Rudi seine Elektronik zum Tanz aufspielen lässt und nicht viel daran fehlt, dass das geneigte Publikum die „Polonäse Blankenese“ fordert. Bei Roland Kaiser und seinem „Warum hast Du nicht nein gesagt“ sind wir schon. — Das allerdings frage ich mich auch grad…

©2018 by benn-family / Präsentiert mit WordPress