Heimreise & Fazit

Abendstimmung auf der Fähre

Cherbourg. Die Nacht war unruhig, wozu in wechselnden Anteilen die Dünung in der Irischen See und das Hühnercurry aus dem SB-Restaurant beigetragen haben dürften. Jetzt ist alles wieder gut. Runter von der Fähre, Passkontrolle –  bei der wir diesmal wirklich unsere Ausweise vorzeigen, aber nicht die Helme abnehmen müssen (was für ein Unsinn) – und ab auf die Autobahn! Knapp 470 km regnerische Fahrt sind es bis St. Quentin. Macht wenig Spaß!

Übernachtung im Schlafcontainer, französisches Frühstück, Autobahn! Frankreich tauschen wir gegen Belgien und nach einer Weile Belgien gegen Deutschland. An der Raststätte „Aachener Land“ verabschieden wir Devil, der seiner Amsel (Honda 1100 XX) jetzt endlich mal die Sporen geben will. Er fährt direkt nach Hause, wir nach Bonn, wo wir heute nach „nur“ 370 km bei Mike bleiben und einen gelungenen, durchaus längeren Abend auf seiner Dachterrasse verbringen – bei den letzten Guinness für diesen Urlaub und ausgesuchten Single Malts aus seinem reichhaltigen Repertoire.

Sonntag wieder Autobahn. Den Stau auf der A5 umfahren wir über die B49 und B62, sparen damit 20 Minuten. Gutes Wetter, aber insgesamt knapp 520 km. Auf unserer Auffahrt ein letzter Anflug von Temperament: Ich recke spontan die Faust in die Höhe. Yepp, wir haben es geschafft ohne Umfaller, mit heilen Blinkern und ganzen Brems- und/oder Kupplungshebeln (das ist ja mal ganz was anderes). Dann sind auch wir wieder zu Hause.

zuhause
Nach 4.800 km stehen unsere Maschinen wieder vor der Tür.

Fazit

Knapp 4.800 km sind wir gefahren. Davon gut die Hälfte für An- und Abreise – Irland ist eben weit weg für uns. Da stellt sich natürlich die Frage, ob sich der Aufwand gelohnt hat? Antwort: Auf jeden Fall (vielleicht aber beim nächsten Mal eher mit einem Mopedtransport bis Cherbourg)!

Irland ist landschaftlich nicht so spektakulär, wie etwa Norwegen, und nicht so eintönig, wie weite Teile des Baltikums, ist aber deutlich intimer, wärmer, strahlt Ruhe und Gelassenheit aus. Insbesondere die schier unendlich vielen Grüntöne der Berge, Wiesen und Knicks, die immer wieder mit gelbem Ginster und braunroter Heide durchsetzt sind haben es mir angetan. Sie geben dem Land – bei aller Kargheit und bei aller Schroffheit der Küsten – eine milde, leicht melancholische Note. Der Beiname Irlands, „Die Grüne Insel“, ist also beileibe kein Werbetrick. So viele Grüns habe ich im Leben noch nicht gesehen! Und sie erscheinen mit jedem Lichtwechsel wieder anders und neu!

Hinzu kommt die Stimmung der Menschen – soweit wir sie überhaupt kennen gelernt haben. Aber beobachten reicht manchmal auch: Einerseits sind sie fröhlich und aufgeschlossen. Das haben wir nicht zuletzt daran gemerkt, dass man ein paar mal mit Interesse und solcher Begeisterung über unsere Maschinen auf uns zugekommen ist, dass ich mich fragte, ob die Tiger nicht vielleicht doch aus Irland selbst stammt (O-Ton eines völlig Unbekannten, der begeistert zu mir über die Straße gelaufen kam: „Whoa, Tiger, what an absolutely great bike, ist it?“). Sowas hatte ich noch nie erlebt – und ganz ehrlich, es hat mich auch etwas aus der Fassung gebracht.

Andererseits scheinen sie sehr gern etwas melancholisch zu sein. So fröhlich manche Lieder und Weisen auch im Pub erklingen, so einigend und mitreißend waren die eher leisen, getragenen Lieder. Bei lustigen Fidelklängen tranken alle ihr Guinness, schwatzten und lachten. Bei nachdenklichen Stücken hakten sie sich ein, sangen mit oder hörten einfach nur zu. Auch die „Sängerin“ von Glendalough fällt in diese Kategorie. Selbst, wenn ihr Gesang weder schön noch variantenreich war, zusammen mit dem Dudelsack verströmten Ihre Lieder wieder diese tragende, man könnte auch sagen ertragende Stimmung, welche die harten Zeiten des bettelarmen Irlands immer wieder lebendig werden lässt.

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass mir Irland fröhlich melancholisch (ja, ohne Komma dazwischen) und grün in Erinnerung bleiben wird.

Nun mal zu den Straßen. Die sind toll, wenn man die Hauptstraßen meidet. Haben was von Achterbahnfahren: Rauf, runter, links, rechts – alles kurz hintereinander und in beliebig vorstellbarer Kombination. Hinzu kommt, dass man – wie bei James Bond der Martini – immer stilvoll geschüttelt wird, nicht gerührt. Wir haben die guten Federn unserer Tiger geliebt! Aber sie sind auch oft schmal und unübersichtlich – was insbesondere an den Steinmauern und den vielen Knicks liegt. Und genau das sorgt häufig auch dafür, dass man die Landschaft immer nur mal sporadisch in ihrer ganzen Schönheit sehen kann. Ab und an mal anhalten und sich umschauen ist also angesagt.

Linksverkehr? Kein Problem! Einfach mitschwimmen. Fahren ja alle links. Allerdings, wie bereits erwähnt, sind viele Straßen schmal und durch Hecken oder Mauern unübersichtlich. Einerseits schön anzusehen, aber wenn einem in einer Kurve plötzlich ein Bus entgegen kommt, der außer seiner Spur auch noch einen Teil der eigenen beansprucht, dann darf man sich schon mal erschrecken.

Insgesamt war es eine schöne Reise! Danke Mike für die „Reiseleitung“ und danke Devil für die Geduld mit uns Blümchenpflückern!

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