Nach Hause

Überpünktlich erreichen wir die Fähre DFDS Pearl Seaways von Oslo nach Kopenhagen, können so völlig entspannt einchecken und die Maschinen an Bord rollen. Das Verzurren wird vom Personal durchgeführt. Wir genießen auf dem sonnigen Achterdeck den Ausblick auf Oslo bei einem kalten Bier.

Oslo
Oslo

Am nächsten Morgen, in Kopenhagen, läuft alles ebenso entspannt ab, wie gestern beim Einchecken. Niemand fordert uns auf, unsere Kabine vor der Ankunft zu verlassen, niemand hetzt herum beim Entladen. Nur die Autofahrer sind offenbar alle auf der Flucht. Die können gar nicht schnell genug vom Schiff kommen…

Kurze Rast in Dänemark
Kurze Rast in Dänemark

Was uns jetzt bevor steht ist langweilig: Die Autobahn nach Rødby! Wenn deutsche Autobahnen schon langweilig sind, legen die dänischen noch eins drauf! Mit 110 km/h trullern wir im allgemeinen Verkehr dahin.

Plötzlich Ausfahrten mit altbekannten Namen: Faxe, Præstø, Bodø, Møn, Guldborg und die Gedanken schweifen ab in die Zeit vor 40 Jahren, als wir hier gesegelt sind, was das Portemonnaie hergab. Als Ute noch mit Josef zusammen war, Helmut und ich am Diplom bastelten, Walter bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit „der Draht aus der Mütze sprang“ und Paul noch niemanden erschossen hatte. Manchen hat man nie wieder gesehen, manche waren damals Freunde und sind es immer noch.

Mir fällt der Liedtext von Reinhard Mey ein „Komm schenk mein Glas noch einmal ein, mit jenem bill’gen roten Wein, in dem ist jene Zeit noch wach. Heut trink ich meinen Freunden nach…“ Eher zufällig schaue ich auf die Tankanzeige – und bin augenblicklich zurück in der Realität. Was ich jetzt brauche ist nicht billiger roter Wein, sondern Benzin! Egal, was es kostet! Der Tank ist fast leer und zwar, wie sich herausstellt, bei beiden Maschinen!

Wir schaffen gerade noch die restlichen fünf Kilometer bis zur Fähre in Rødbyhavn und kommen auch fast bis zur Tankstelle in Burg auf Fehmarn. Fast! Denn 500 Meter vor der Tanke geht der Motor meiner Maschine aus und ich darf in der nächsten Viertelstunde gefühlt das Fitnessprogramm von zwei Jahren absolvieren, indem ich die voll bepackte Honda auf dem Radweg neben der Straße zwischen desinteressierten Fußgängern und ärgerlich lamentierenden Radfahrern im Regen zur Zapfsäule schiebe. Erstaunlich: In den Tank sollen 18 Liter hinein gehen, ich tanke 18,85 Liter…

Beim Schachtelwirt
Beim Schachtelwirt

Die restlichen 650 km verlaufen ereignislos und führen lediglich zu der Erkenntnis, dass Motorradfahren wohl nur halb so gefährlich wäre, wenn es die hektischen Autofahrer nicht gäbe. Aber vielleicht liegt es auch daran, dass man in vier Wochen Norwegen einfach sehr viel an Gefühl für die Zeit verliert.

 

5 Kommentare zu “Nach Hause”

  1. Hallo Nicoline und Wolfgang, ich bin über euren netten Blog gestolpert, da mein Mann und ich eine ähnliche Tour nächsten Sommer angehen möchten. Wir sind noch auf der Suche nach einer Fähre, die uns möglichst weit nördlich absetzt, ohne viele Zwischenhalte, da wir Mittelnorwegen schoneinmal erkundet haben. Wie lange seid ihr insgesamt, bzw. nur auf den Rädern von Nord nach Süd unterwegs gewesen?

    Viele Grüße
    Darlene

    1. Hallo Darlene,
      schön, dass mal jemand die Story liest und reagiert (kommt nicht oft vor). Also, wir sind mit dem Postschiff 6 oder 7 Tage unterwegs gewesen und von Kirkenes etwa zwei Wochen mit den Maschinen – d.h. insgesamt rund drei Wochen. Wir sind zum Schluss etwas zügiger nach Hause gefahren, weil Nicoline sich bei dem Sturz am Ørnesving zwei Rippen gebrochen hatte. Allerdings haben wir nicht nur Strecke gemacht, sondern sind auch manchmal nur an einem Ort etwas herum gefahren oder haben rumgetrödelt. Zur russischen Grenze zum Beispiel, in Tromsø oder auf den Lofoten. Leider kenne ich keine Fähre, die mit nur wenigen Stopps bis weit in den Norden fährt. Das sind in der Regel Kreuzfahrer – und die nehmen keine Motorräder mit… Aber mal abgesehen vom Preis ist Hurtigruten schon ok. Man kommt mit ordentlichem Komfort und gutem Essen bequem nordwärts (die Resopaloptik der Kabinen ist allerdings Geschmackssache). Wir wollen nächstes Jahr auch wieder in den Norden.
      Euch eine gute Reise und viele Grüße,
      Wolfgang

  2. Hallo ihr Beiden …
    Klasse Blog/Bericht !!!
    Wir wollen die Hurtigruten im nächsten Jahr „anfahren“ kannst du kurz schreiben in welcher Jahreszeit ihr dort ward?
    Es hat ja leider doch sehr viel geregnet 🤪 und wie waren die durchschnittlichen Temperaturen?

    Habt ihr mal Kassensturz gemacht? Könnt ihr grob abschätzen wie viel Euch das Abenteuer – zusätzlich zu abgebrochenem Kupplungshebel – Rippenbruch etc. gekostet hat?

    Herzliche Grüße
    Marlies

    1. Hallo Marlies,
      schön, dass Dir der Blog gefällt! Also das Wetter war durchaus nicht immer regnerisch. Klar waren da mal ein oder zwei Regentage dabei, aber auf einer Strecke von über 2.000 Kilometern von Nord nach Süd kann man eben nicht nur Sonnenschein erwarten – außer vielleicht an der Adria.
      Und die Temperaturen waren auch sehr unterschiedlich. Am Nordkapp hatten wir deutlich über 20 Grad und in Repvåg, ein paar Kilometer südlich vom Kapp hat es so kalt geblasen, dass ich für den Tag die Skiunterwäsche angezogen habe. Und das alles im Juli. Man kann einen leichten Sommeranzug also getrost zu Hause lassen – oder nimmt Vieles für diverse Wetterkapriolen mit.
      Was die Kosten angeht, darf man in Norwwegen nicht zimperlich sein. Zwei Pizza und zwei Bier für 60 Euronen (z.B. in Bodø) waren relativ normal. In Bergen haben wir für zwei nicht allzugroße Bier sogar 14 Euro bezahlt. Am teuersten waren die Hurtigruten. Für zwei Möppis war derselbe Preis zu zahlen, wie für zwei Autos – obwohl die Bikes letztlich irgendwo an den Rand des Autodecks gequetscht wurden.
      Das liest sich jetzt vielleicht alles etwas negativ, war es aber nicht. Man kann sich sehr gut mit den lokalen Besonderheiten arrangieren. Und wir würden es auch jederzeit wieder machen. Norwegen ist ein tolles Land!
      Also frischauf und los! Viel Spaß dabei.
      Wolfgang

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