Senja, Vesterålen und Lofoten

Morgens: Sonne! Dazu 20 Grad, kein Wind und ein wirklich gutes Frühstück. Jetzt kommt das Winterfell wieder ins Gepäck. Auf nach Gryllefjord, zur Fähre nach Andenes.

Senja
Senja

Nur 40 km liegen vor uns, aber die ziehen wieder einmal das volle Register des Rücken-/Maschinen-Martyriums. Alles, was man sich ausdenken kann, um eine Straße schlecht befahrbar zu machen, findet sich hier. Allerdings findet sich auch alles, was man neuhochdeutsch als „scenic“ bezeichnet. Berge, wie in den Alpen, zum Teil steil und unbewachsen, ähnlich den Dolomiten, Hochebenen und Wasserfälle, dazu Buchten mit winzigen, idyllischen Fischerdörfchen, alte Bergwerke, historische Sehenswürdigkeiten aus der Eisenzeit, alte und neue Tunnel, selbst einige Kehren sind dabei (ok, nur ganz wenige, aber immerhin). Dann Gryllefjord. Hier ist (für uns fahrtechnisch „endlich“) die Senja-Straßenwelt zu Ende und nur die Fähre nach Andenes führt weiter.

Die ist nicht sehr groß, aber es warten viele Fahrzeuge: Ein Reisebus, Wohnmobile, ein zum Wohnmobil umgebauter LKW, etliche Wohnwagengespanne, ganz normale PKWs – und wir. Alle Motorräder kommen mit, aber nicht alle aus dem übrigen Mix. Das gibt böses Blut und einiges an Gezeter, aber voll ist nun mal voll.

Abschied von Senja
Abschied von Senja

Unsere Maschinen müssen vielfach verzurrt werden – der Staumeister prüft persönlich – und ich fühle mich an die Überfahrt von Bodø nach Moskenes vor 10 Jahren erinnert, als wir bei bestem Wetter und absoluter Windstille die Maschinen ebenso abspannen mussten. Eine Stunde später wussten wir warum, denn die Dünung ließ das Schiff abenteuerlich rollen. Wie zu erwarten, hier geht es nicht anders zu. Die Fähre ergeht sich in abenteuerlichsten Bewegungen, obwohl die See flach wie ein Frühstücksbrett ist.

Andenes wirbt mit Walsafaris und wir haben eigentlich vor, an so einem Ausflug teilzunehmen. Nur, erstens ist es bereits ziemlich spät am Tag (die Fähre rührt nun schon 80 Minuten das Nordmeer um) und zweitens sehen wir Wale auch so. 10 bis 15 Tiere ziehen träge eine Kreisbahn. Man sieht an den Finnen, dass es keine großen Tiere sind und mehr als eben diese Rückenflossen sieht man auch nicht. Dann eine zweite und eine dritte Beobachtung. Hier kommt schon mal ein Rücken an die Oberfläche, aber auch das sind offenbar eher kleine Arten, die mich doch sehr an die in der Ostsee häufigen Schweinswale erinnern. Na gut, damit hätten wir also unsere Walsafari und können weiter fahren.

Stokmarknes
Stokmarknes

Das tun wir auf der 82 und nicht auf der als touristisch wertvoll ausgeschilderten Westroute ohne Straßennummer. Schlechte Wegstrecken hatten wir in den letzten Tagen genug und die 82 ist zwar eben und verläuft meist ziemlich geradeaus, aber damit ist sie auch sehr rückenfreundlich. Man muss halt manchmal Kompromisse eingehen.

Am Hadselsund
Am Hadselfjord

Weil wir in Melbu die Fähre verpassen und Hotels sowie Hütten von den massenweise urlaubenden Norwegern belegt sind, bleiben wir in einem etwas abseits gelegenen Bauernhof am Hadselfjord, der Gernze zu den Lofoten: Ein weißes Bauernhaus, eine kleine rot-weiße Hütte mit zwei Ferienzimmern, der Besitzer, sein Hund und drei Gäste. Zwei davon sind wir. An der Hauslaterne hängen getrocknete Dorsche und in der Küche herrscht Chaos. Eine norwegische Mischung aus Bullerbü und Kurt Wallander.

7:50 Uhr an der Fähre in Melbu
7:50 Uhr an der Fähre in Melbu

Am nächsten Morgen ist Seenebel aufgezogen. Wir stehen als einzige Wartende in dicker, kalter Nebelsuppe wieder am Fähranleger in Melbu und warten auf die 7:50 Uhr-Fähre. Norwegen schläft noch. Rund 40 Minuten später sind wir auf den Lofoten, aber der Nebel ist mitgekommen. Schade, denn beim letzten Mal war es stürmisch und regnerisch. Diese Inseln machen es uns nicht leicht…

Eine Stunde später setzt sich die Sonne durch und der Nebel verzieht sich in großen weißen Schwaden zwischen die Berge, in die Buchten und auf die See hinaus. Jetzt zeigt sich die Landschaft in noch faszinierender Weise als sie es ohnehin schon ist. Wollten wir alle „oh“s und „ah“s fotografieren, wir wären wohl immer noch nicht weiter. Man muss es einfach selbst erleben!

Lofoten, der Morgennebel lichtet sich
Lofoten, der Morgennebel lichtet sich

Hinter Svolvaer fahren wir – immer der E10 folgend – auf die „Schattenseite“ der Berge, wo sich der Nebel leider gehalten hat. Hier ist es kalt und die Sicht ist schlecht. Landschaft? Fehlanzeige. Aber je weiter wir zum Ende der Inselgruppe bei Å kommen, desto sonniger wird es wieder.

Rorbuer
Rorbuer

Und hier findet man tatsächlich noch die kleinen, verträumten Fischerdörfer mit ihren Häfen und den von der Sonne beschienenen Rorbuer. Hier sind die Brücken immer noch einspurig und durch Ampelschaltungen abgesichert, hier ist die E10 noch eine Straße dritter oder gar vierter Ordnung. Allerdings ist absehbar, dass zumindest die Straße bald anders sein wird, denn es gibt bereits stillgelegte Streckenabschnitte, die durch modernste Tunnel- und Galeriebauten ersetzt wurden.

Skarisøy auf den Lofoten
Skarisøy auf den Lofoten

Pünktlich zum Einlaufen der Fähre nach Bodø sind wir in Moskenes. Zahlen und fahren praktisch in einem Rutsch auf. Auf? Nein, in den Keller fahren wir. Ganz unten stehen unsere Maschinen – und sind natürlich wieder bestens verzurrt.

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