Eine faule Woche

Une baguette et des croissants six, s’il vous plaît.“ Fünf Morgende fahre ich mit der kleinen 500er von unserer Gîte zum Bäcker, eine grüne Einkaufstüte um den Hals gehängt. Fünf Abende vergehen mit Oliven, Käse, luftgetrockneter Mettwurst, mit Schinken auf Melone, Schinken ohne Melone und mit Melone ohne Schinken. Dazu roter, weißer und Roséwein vom Patron der Gîte oder aus der lokalen Winzergenossenschaft, sowie unzählige Flaschen Wasser.

Mit dem Patron im Bergwerk

Am zweiten Tag kommen Urlauber mit einem Anhänger am Auto, der aussieht, wie ein Marktstand für Haribo-Süßigkeiten. Fragende Gesichter unsererseits und Erstaunen, als eine fein gewaschen und gebügelte Harley mit Fähnchen an den Antennen, blitzenden Chromverzierungen und einem Kofferreservoir für Auswanderer heraus gerollt wird.

Nachdem das Paar unsere Maschinen aus sicherer Entfernung etwas mitleidig beäugt hat, kommt man auf unsere Terrasse und beginnt ein Schwätzchen. Über die Gîte, das Reisen an sich und über das Chromwunder, das, um weder nachtfeucht noch vom sandigen Parkplatz staubig zu werden, inzwischen unter einem Häubchen verschwunden ist.

Ich verkneife mir jedes Lästern, aber als wir beiläufig erzählen, eine Woche Anfahrt durch das Jura sowie die Mittelgebirge westlich der Rhone genossen zu haben und ab Ende der Woche über die französischen Alpen wieder nach Hause fahren wollen, wird uns ziemlich von oben herab klar gemacht, dass sie so etwas nie machen würden. Mit den Worten „wer’s braucht“, dreht sich Madame um und rauscht in ihre Gefilde. Er folgt etwas betreten.

Blick auf den Mont Ventoux vom Col de la Ligne
Mont Ventoux – der kahle Riese

Am Mittwoch wollen wir zum Mont Ventoux, dem kahlen Riesen. Mit seinen knapp 2.000 Metern ist er der höchste Berg hier in der Gegend und immer wieder ein gutes Ziel, nicht zuletzt auch deshalb, weil der Rückweg durch die Gorges de la Nesque absolut lohnend ist. Vorletztes Jahr war ich mit unserem Großen bereits dort gewesen und heute erweitern wir die Tour noch, indem wir nach Roussillon fahren, dem Ort mit den berühmten Ockersteinbrüchen. Man ahnt ja nicht, wie viele Nuancen es von dieser Farbe gibt. Jedes Haus ist anders und doch sind letztlich alle bräunlich orange-gelb oder bräunlich gelb-orange gestrichen.

Ockerbrüche in Roussillon

Heute darf auch die Harley mal fahren, was uns durch ein deutlich zu vernehmendes „Plumps“ angezeigt wird: Ein Handtäschchen verschwindet in dem riesigen offenbar leeren TopCase. Abends dann der zweite Versuch einer Kommunikation. Ob wir einen Fön dabei haben? Ihrer läge in Nizza im Hotel, weil sie dort bei unerträglichen 32° C die Flucht ergriffen hätten. Jetzt kann ich es mir doch nicht verkneifen, zu erzählen, im vorletzten Jahr auf der Motorradtour mit unserem Großen bei knapp 40°C im 8-Bettzimmer der Jugendherberge von Nizza genächtigt zu haben. Sofort werde ich abgestraft: „Die Männer muss ich wohl nicht fragen.“ Unsere Ladies schauen sich vielsagend an und schütteln den Kopf. Nein, sie haben keinen Fön. Ich schweige artig — und ja, ich hätte einen gehabt…

Der Rest der Woche vergeht mit Geocachen und Faulenzen; die Maschinen dösen in den warmen Spätsommertagen weitgehend unbewegt vor sich hin. Man hält sich separat.

Das Rhonetal

Dann kommt am Sonnabend unser Großer. Er ist 10 Tage quer durch Frankreich bis nach Andorra gefahren und hat mit seiner alten Hornet diverse „Dangerous-“ und „Balcony-Roads“ ge- und besucht. Da gibt es viel zu erzählen. Es wird ein langer letzter Abend in Suze-la-Rousse an dem der Patron auch noch für die Gäste Leckeres gekocht hat.

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