Großstadtfahren und ein Umfaller

Flach, flacher, Straße nach Lyon. Geradeaus, immer noch geradeaus und immer noch nicht in Lyon. Das schöne Sommerwetter wird langsam lästig, die Orte langweilig und hässlich und es heißt nur noch: durchhalten!

Dann endlich sind wir auf dem äußeren Ring der Stadt, rollen autobahnähnlich im Stadtverkehr Richtung Innenstadt und folgen unserer seit Jahrzehnten bewährte Devise, nicht um eine Stadt herum zu fahren, sondern bis zum Hauptbahnhof und dann links ab. Ok, bis zum Hauptbahnhof kommen wir nicht und am Gare de Lyon-Perrache biegen wir rechts ab – was auf einer sechsspurigen Straße, von denen zwei Spuren nach links gehen, zwei in einem Tunnel verschwinden und zwei weitere geradeaus führen, gar nicht so einfach ist – aber konsequent rein in die Stadt und ebenso konsequent wieder raus, das hat sich auch heute wieder bewährt. Außerdem ist die Fahrt entlang dem Rotten, einem der zwei Flüsse, die durch Lyon fließen absolut sehenswert: Schöne alte Wohn- und Geschäftshäuser hinter großen alten Bäumen säumen die Prachtboulevards Quai Jean Moulin und Quai Dr. Gailleton auf der rechten Seite, während sich wunderbare Ausblicke auf die Innenstadt über den Fluss linker Hand auftun. Sich dabei auf die Straße zu konzentrieren fällt nicht leicht. Auch unser Navi scheint zu träumen und wir müssen „richtig französisch“ fahren: Spurwechsel? Kurzer Blick in den Rückspiegel und rüber. Warten bis Platz gemacht wird? Unsinn, das macht hier keiner!

D 489

Etwa 500 Meter hinter dem Bahnhof Perrache, direkt hinter der Brücke über die Saône und kurz bevor die A6 bei Saint-Irenée im Tunnel verschwindet, biegen wir mitten in der Stadt in die Berge ab. Dann sind wir auch schon in den Vororten und im Mittelgebirge. Die D489 ist unsere Straße für die nächsten Stunden – und die gehört uns fast allein, wird dabei aber immer schmaler. Zwei Meter, mehr sind es sicher nicht. Kommt uns wirklich mal ein Fahrzeug entgegen, wartet es in einer Ausweiche, bis wir vorüber sind.

Aber ur-plötzlich geht es steil bergauf, in eine unübersichtliche 110° Linkskurve, gefolgt von ca. 200 Metern steiler Anhöhe und einer ebenso scharfen Rechtskurve. Ich kann einen Radfahrer gerade noch vor der ersten Kurve überholen. Aber mit der 500er gibt es dann doch einen Umfaller, weil die Kurve für zwei einfach zu eng, der Radler die Straßenmitte für sich reklamiert und die Innenkurve abenteuerlich steil ist. Da liegt sie nun auf der Seite, die kleine Weiße, und droht langsam den Berg hinab zu rutschen.

Der Kupplungshebel ist mit samt der Halterung auf dem Lenker nach innen gerutscht. Mit etwas Mühe beim Greifen lässt er sich aber noch bedienen und den Schalthebel biege ich mit Bordmitteln wieder hin. Den Radler interessiert das alles nicht. Der ist einfach weiter gefahren…

Liebliches Mittelgebirge

Saint-Martin-en-Haut: Hier gibt es auf den Schreck erst einmal einen Kaffee direkt am Marktplatz, bevor wir durch die weite, liebliche Mittelgebirgslandschaft weiter nach Saint-Symphorien-sur-Coise und über die D3 nach Saint-Ètienne fahren, wo wir wieder ein Hotel gebucht haben. Vielleicht kann ich dort den Schalthebel reparieren, d.h. die Halterung wieder etwas nach vorn ziehen.

In Saint-Ètienne führt uns das Navi dann aber nicht zum Hotel sondern in einen Tunnel: „Sie haben ihr Ziel erreicht.“ Nein, das glauben wir jetzt überhaupt nicht! Im Internet sah das IBIS ganz ordentlich aus, ganz anders als eine Tunnelröhre. Nun gut, fahren wir halt weiter und sehen, was das Navi dann sagt. Zurück im Tageslicht, werden wir aber mit bestimmter Stimme genau wieder in die Röhre zurück geführt. Kann ja nicht sein! Wo ist bloß dieses Hotel? Plötzlich der Geistesblitz: Das Hotel liegt AUF dem Tunnel. Und genau so ist es…

Bei dem abendlichen Versuch, die Schalthebelhalterung wieder zu richten, bricht mein Maulschlüssel auseinander. Da es Samstag-Abend ist und keine Werkstatt mehr geöffnet hat, rufe ich den ADAC an. Der freundliche Helfer kommt nach etwa einer Stunde, schaut mich etwas mitleidig an, wieso ich diese Lappalie nicht selbst behoben habe, staunt über meinen geborstenen Maulschlüssel – und bricht sich dann fast selbst sein Werkzeug ab. Ohne Steckschlüssel und Ratsche bekommt auch er das Ding nicht wieder hin. Nach etwa 10 Minuten bin ich rehabilitiert und der Hebel ist wieder normal greifbar.

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