Epilog

Nachdem ich diese Motorradtour nun im Detail beschrieben habe, erscheint es mir sinnvoll, noch einige Abschlußbemerkungen zu machen. Das sei hiermit getan:

Die Reise:

Wie lang unsere Reise tatsächlich war, wissen wir nicht mit Sicherheit, denn unsere Kilometerzähler zählten unterschiedlich. Hendrik ist 8.541 Kilometer gefahren und ich nur 8.413. Dabei ist er praktisch immer hinter mir her gefahren und ich bin einige Male auch noch zum Einkaufen allein losgewesen. Wir haben uns daher auf 8.500 Kilometer Fahrt geeinigt obwohl die Mitte nur bei 8.477 liegt – aber was sind schon 23 Kilometer bei so einer Strecke…

Weiter ist zu bemerken, daß die im Text angegebenen Fahrzeiten immer Bruttozeiten sind, also Pausen, Essens- und Wartezeiten an Fähren mit enthalten. Besichtigungen, wie beispielsweise am Süd- und Nordkap oder in Sundborn, sind natürlich nicht eingerechnet. Ich denke, das ist richtig so, denn wer diesen Bericht liest, um evtl. selbst eine solche Tour zu planen, kann die Kilometerleistung pro Tag ehrlicherweise nicht an Nettofahrzeiten orientieren.

Kleidung:

Wer in diese Breitengrade fährt sollte unbedingt warme Kleidung einpacken! Wir hatten von den Temperaturen her praktisch alles, was es gibt, von über 30° Celsius im Schatten bis zu gefühlten Minusgraden durch Windchill und Verdunstungskälte bei Regenfahrten. Sehr empfehlenswert ist es, eine Regenkombi mitzunehmen, selbst wenn man einen wetterfesten Tourenanzug besitzt. Ich habe im hohen Norden die Regenkombi gern über meinen GoreTex-Anzug gezogen, um es trotz high-tech Skiunterwäsche und eingeknöpftem Winterfell im Anzug etwas wärmer zu haben.

Unsere Maschinen:

Ich bin mit meiner Honda SevenFifty und Hendrik mit seiner Yamaha XJR 1300 unterwegs gewesen. Beides sind keine klassischen „Reisedampfer“. Etwas reisetauglicher habe ich mir meine Maschine dadurch gemacht, daß ich in eine Halbschale als Verkleidung, eine Reisesitzbank, eine Steckdose und vier Gepäckhaken investiert habe. Bis auf die Reisesitzbank war Hendriks Maschine ebenso ausgestattet.

Als Gepäcksystem fahre ich zwei Krauser-Koffer K5 mit je 47 Ltr. Fassungsvermögen. Das Raumangebot war für vier Wochen Reise völlig ausreichend. Zelt, Luftmatratze, Schlafsack, ein bequemer Regiestuhl und ein Reisetisch aus Aluminium waren in zwei Gepäckrollen wasserdicht verpackt und fuhren als Sozius mit. Kleinkram, wie Ladegeräte, Reiseführer, etc. fanden im Tankrucksack Platz. Abends kamen hier auch kurzfristig die Lebensmittel aus den Supermärkten hinein. Hendrik mag keine Koffer und fuhr deshalb Stoffsatteltaschen von Louis. Ging auch.

Was haben wir vermißt? Nun, es wird ja oft über die Bequemlichkeiten gelästert, die namhafte Motorradhersteller im Angebot haben. Als da wären: Heizgriffe, Sitzheizung, Windabweiser am Lenker, etc. etc. Bis zum Polarkreis hat keiner von uns beiden darüber nachgedacht, daß solche Accessoires außer teuer auch sinnvoll sein könnten. Nördlich dieser Linie kamen wir allerdings unabhängig voneinander zu der Erkenntnis, daß uns solcher Art Zubehör das Reisen hier durchaus erleichtern würde. Natürlich ging es ohne, aber mit wäre es sicher auch nicht schlecht gewesen.

Was wir nicht gesehen haben:

1. Elche

Diese Spezies hält es mit der Anwesenheit offensichtlich wie der Weihnachtsmann: Im Sommer nie! Hendrik war in Finnland ein Mal der Meinung, einen jungen Elch gesehen zu haben. Seine Beschreibung deutete aber doch eher auf ein Rentier. Von daher müssen wir also sagen, daß wir die Könige des skandinavischen Waldes lediglich auf Straßenschildern und Aufklebern zu Gesicht bekommen haben. Von der Behauptung, Elche seien lediglich eine nordländische PR-Maßnahme und in Wirklichkeit gibt es sie gar nicht (mehr?), nehmen wir natürlich weitesten Abstand…

2. Nord- oder Polarlichter

In jedem Reiseführer sind diese Himmelserscheinungen lang und breit beschrieben. Nur, wenn nördlich des Polarkreises auch nachts immer die Sonne scheint, kann man die Lichter nicht sehen – und im Winter fährt hier keiner hin. (Zumindest wir nicht.)

Norwegen

Dieses Land ist ein Eldorado für Motorradfahrer! Ich kenne kein anderes Land, in dem es sinnvoller wäre als hier, eine gerade Strecke auszuschildern, einfach weil so selten welche vorkommen. Natürlich bezieht sich diese Aussage nicht unbedingt auf die Hauptstraßen (E6, E39, etc.) sondern eher auf die Straßen, deren Nummern zwei- oder dreistellig sind – aber das sind ja auch gerade diejenigen, die von Motorradtouristen bevorzugt werden.

Straßen:

Der Zustand der Straßen – auch der Nebenstraßen – ist im allgemeinen gut, der Belag ist griffig. Allerdings muß man sich mit den Längsrillen arrangieren, die vom Winterdienst in den Asphalt eingefräst sind und die oftmals ziemlich chaotisch verlaufen. Im trockenen Zustand gewöhnt man sich schnell daran, daß der Vorderreifen manchmal seine eigenen Wege zu fahren versucht, bei Regen bleibt aber ein ungutes Gefühl, weil die ohnehin kleine Reifenaufstandsfläche durch diese Rillen noch einmal reduziert wird. Wir waren bei Regen deshalb immer etwas langsamer unterwegs und sind kaum zwischen den Reifenspuren gefahren. Dort steht zwar mehr Wasser aber es sind deutlich weniger Längsrillen vorhanden.

Auch kann es passieren, daß die Reifenspuren der Straßen sehr ausgefahren sind. Unterschiede zwischen der Mitte und den Spuren können schon mal mehrere Zentimeter ausmachen. Und es gibt Stellen, in denen die Asphaltdecke einer Spur – meist der rechten – einfach aufgebrochen ist. In diesen Fällen empfiehlt es sich, rasch die Spur zu wechseln, denn diese Bereiche haben zum Teil scharfe Abbruchkanten von über 10 cm Höhe. Durch Schilder angezeigt ist so etwas übrigens nie.

Eine weitere Eigenart in Norwegen ist es, quasi über Nacht neue Teerdecken auf die Straßen zu ziehen. Solche Passagen sind natürlich auch ohne Hinweisschilder sehr gut zu erkennen, sie sind aber wenig griffig und glänzen ölig. Alle Strecken, die wir auf neuem Asphalt passieren mußten – und das waren zum Teil mehrere Kilometer hintereinander – sind wir daher extrem vorsichtig gefahren. Ganz toll: Auf so einem Rutschbelag steil und kurvig bergab zu fahren…

Und zum Abschluß ein Hinweis, dessen Gültigkeit wir nicht nur in Norwegen, sondern auch in Schweden verifizieren konnten: Wenn – und das ist wahrlich selten – eine Querrinne per Verkehrsschild angezeigt ist, sollte man sich sofort in höchste Alarmbereitschaft begeben! Hierbei handelt es sich nämlich in der Regel nicht um die aus Deutschland bekannten lächerlichen Unebenheiten im Straßenbelag. Nein, hinter so einem Schild fehlt meist einfach der komplette Straßenbelag auf ganzer Breite. Zwar oft nur für 20 bis 200 Meter, aber immerhin. Wer hier mit zu viel Tempo hineinfährt, weiß nicht, was ihm blüht, denn gerade im hohen Norden sind diese Strecken reine Kraterlandschaften aus Wasser und mehr oder weniger festgefahrenem Geröll.

Übernachtung:

Wir sind mit dem Zelt unterwegs gewesen und haben in Jugendherbergen oder Hütten übernachtet. Die Campingplätze waren in der Regel sehr akzeptabel, wenngleich sie kaum dem deutschen Standard einer ADAC-Klassifikation verwöhnten Klientel entsprechen. Sie sind häufig recht einfach aber immer sauber. Ein Problem ist die Verpflegung, wenn man als Motorradfahrer nicht etwas Platz in seinen Gepäcksystemen für Lebensmittel reserviert hat. Die Einkaufsmöglichkeiten auf den Plätzen kann man nämlich getrost ignorieren. Meistens beschränkt sich das Warenangebot auf Näschereien für Kinder. Und wenn es doch Lebensmittel gibt, ist die Auswahl höchst eingeschränkt (Stichwort: Elchbrot). Wir haben uns abends in Supermärkten eingedeckt und immer nur so viel gekauft, wie wir an einem Abend und Morgen verbrauchen konnten.

Wer meint, mit Zelten käme man am preiswertesten durch das teure Norwegen, liegt zwar grundsätzlich richtig, sollte aber nicht vergessen, daß es sich um ein Bergland handelt. Je weiter wir nach Norden kamen, desto felsiger wurden die Campingplätze. Das ist zwar nicht auf den ersten Blick sichtbar gewesen, weil die Oberfläche in der Regel eine Wiese war, aber wenn in zwei oder drei Zentimetern Tiefe der Fels beginnt, ist selbst das teuerste High-Tech-Zelt nur noch für studierte Outdoor-Profis windsicher abzuspannen. Man sollte also Hütten nicht nur wegen des wechselhaften Wetters in die Kalkulation einbeziehen.

Übrigens: Auf vielen Plätzen obligatorisch ist das Vorzeigen der „Camping Card Scandinavia“! Man kann sie kostenlos im Internet bestellen (über die unten aufgeführten Adressen) und kauft auf dem ersten Campingplatz in Skandinavien – egal, in welchem Land – eine Jahresmarke. Es ist auch möglich, die Karte auf dem ersten angelaufenen Platz zu kaufen. Dann bekommt man aber übergangsweise nur eine Quittung und keine Plastikkarte. Die kommt später per Post, wenn der Urlaub längst zu Ende ist, nach Haus. Mit Quittung geht es natürlich auch, kann aber ein Ordnungsproblem werden, wenn man lange unterwegs ist und sich viele ähnlich aussehende Zettel ansammeln.

Die Jugendherbergen, die wir besucht haben, waren alle sehr in Ordnung – bis auf Sunndalsøra, die war reichlich mickrig. In der Regel haben die Herbergen eine Küche zur Selbstverpflegung am Abend, viele bieten auch Waschgelegenheiten mit Waschmaschine und Trockner an (oft sogar kostenlos) und wir haben es als höchst angenehm empfunden, morgens verpflegt zu werden. Das war zwar nicht immer im Preis enthalten, konnte aber zugebucht werden. Bei den im Internet angegebenen Übernachtungspreisen ist übrigens Vorsicht angesagt. Das scheinen lediglich Richtwerte zu sein. Die real zu zahlenden Preise lagen oft höher. Daß in Jugendherbergen alle Personen einen gültigen JH-Ausweis des jeweiligen Heimatlandes benötigen, dürfte wohl selbstverständlich sein.

Fähren:

Wie aus dem Text ersichtlich ist, haben wir viele Fähren benutzt. Hier kommt es öfter zu Wartezeiten, insbesondere um die Mittagszeit, die man in seine Streckenplanung einbeziehen muß! Die reinen Fahrzeiten und die Preise kann man sich aus dem Internet holen (die Preisangaben sind übrigens auch hier nur Richtwerte, in der Praxis sind die Fahrpreise meist höher). Nützlich zu wissen: Die norwegische Bikerunion hat ein Abkommen mit den Fährgesellschaften des Landes, das Motorradfahrern gestattet, sich in den Warteräumen für Fahrzeugfähren immer vor die wartenden PKWs zu setzen, um garantiert mit der nächsten Fähre mitzukommen und um immer als erste auffahren zu können.

Finnland

Ich kenne Leute, die von Finnland begeistert sind und insofern hatte ich mich auf das Land gefreut. Jetzt bin ich enttäuscht. Nicht nur, daß Finnland wohl lediglich für Endurofahrer reizvoll ist (weil die abseits der großen, geteerten Straßen fahren können), mir hat auch der menschliche Umgang dort nicht zugesagt. Selbst später in Schweden konnten wir sicher sein, daß wenn jemand abends in der Herberge seine Maschine wortlos neben unsere stellte oder ein freundliches „hey“ durch Abwenden beantwortete, dann hatte diese Person an ihrem Fahrzeug ein finnisches Kennzeichen. Auch wenn mancher Finnlandkenner, der diese Zeilen liest, sie vielleicht als ungerecht empfinden wird, unser Eindruck bezüglich des Umgangs miteinander war kein guter.

Straßen:

Hier gibt es nichts zu meckern, was die Griffigkeit des Belages angeht. Er wirkt wie eine Reibe auf die Reifen. Wie bereits im Text angemerkt, haben 580 Kilometer Finnland unseren Reifen mehr zugesetzt als über 3.500 Kilometer Norwegen. Außerdem waren alle von uns befahrenen Straßen in einem Top-Zustand. Sie sind lediglich extrem langweilig, weil praktisch kurvenlos.

Schweden

Schweden ist ein schönes Land. Hatten wir in Finnland den Eindruck, daß dort die Menschen ihr Land ertragen und umgekehrt das Land seine mürrischen Bewohner hinnimmt, so ist der Eindruck hier, daß die verhalten fröhlichen Schweden ihr Land lieben und das Land diese Liebe erwiedert. Abgesehen davon, daß die skandinavische Mentalität natürlich nicht der aufbrausenden Herzlichkeit Italiens entspricht, begegnet man sich in Schweden mit einer unaufdringlichen Freundlichkeit, die wir als sehr angenehm empfunden haben.

Straßen:

Die großen Hauptstraßen sind fast Autobahnen, die Nebenstraßen sind für Motorradfahrer sehr empfehlenswert und die kleinen Nebenstraßen haben meist keinen festen Belag. So kann man das Straßenangebot Schwedens wohl zusammenfassen. Der Straßenzustand ist unterschiedlich. Auf den kleinen Nebenstraßen, die gerade noch geteert sind, ist er oft schlecht und man braucht eine gute gesundheitliche Kondition, wenn man nicht gerade mit einer zweirädrigen Sänfte unterwegs ist.

Was den Reiz für Motorradfahrer angeht, ist Schweden von drei Seiten zu betrachten. Kommt man aus Deutschland hierher, findet man in etwa die gleiche Straßenstruktur vor, was den Anteil von geraden Strecken und Kurven angeht. Kommt man von Finnland, ist der Norden Schwedens auch nicht viel interessanter. Kommt man von Norwegen ist man zwangsläufig enttäuscht. Wer also von Anfang bis Ende einer solchen Tour auf unendliche Kurvenfahrten aus ist, sollte seinen Rückweg wieder durch Norwegen legen.

Übernachtung:

Übernachtet haben wir meist in den STF-Jugendherbergen und ab und an auch auf Campingplätzen. Bis auf Stockholm waren alle Herbergen prima in Schuß und sehr angenehm. Das Einzige, was mir dort gefehlt hat, war eigentlich nur der norwegische Geitost zum Frühstück – aber man kann ja nicht alles haben…

Zahlen & Daten

Gefahrene km pro Land (mein Tacho) Benzinverbrauch
Deutschland 1.203 km 439,17 ltr. = 5,2 ltr./100
Dänemark 525 km
Norwegen 3.659 km
Finnland 580 km
Schweden 2.446 km

Hilfreich bei der Planung

Bei der Vorbereitung, aber auch bei der Durchführung der Reise waren folgende Unterlagen und Links sehr hilfreich:

  • Baedeker Reiseführer Norwegen (ganz altmodisch im Buchhandel erhältlich),
  • ADAC Tour-Set (als ADAC-Mitglied kostenlos),
  • Das skandinavische Jugendherbergsverzeichnis (kostenlos von www.vandrerhjem.no),
  • Das schwedische STF-Jugendherbergsverzeichnis (kostenlos in jeder schwedischen JH),
  • Verzeichnis der norwegischen NAF-Campingplätze (kostenlos von www.naf.no),
  • Diverse Broschüren über norwegens Landesteile (kostenlos von www.visitnorway.com),
  • www.reuber-norwegen.de (eine tolle Website mit großartigen Detailinfos über Norwegen),
  • www.norwegen-freunde.de (sehr gut organisierte Website mit vielen Infos),
  • www.skandinavien.de (gut für allgemeine Infos und z.T. auch für Routenbeschreibungen),
  • www.vandrerhjem.no (Infos zu norwegischen Jugendherbergen; s.o.)
  • www.svenskaturistforeningen.se (dto. zu schwedischen Jugendherbergen),
  • www.hostellit.fi (dto. zu finnischen Jugendherbergen),
  • www.camping.no (Infos zu norwegischen Campingplätzen, nicht nur NAF-Plätze),
  • www.camping.se (dto. zu schwedischen Campingplätzen)
  • www.camping.fi (dto. zu finnischen Campingplätzen),
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