Zum Südkap Norwegens: Kap Lindesnes

Von Kristiansand nach Flekkefjord

Montag, 3. Juli 2006 – Strecke: 168 km – Fahrzeit ca. 5 Std.

Früh morgens gegen 6:30 Uhr kommen wir in Kristiansand an. Die Stadt ist Verwaltungshauptsatdt der Provinz Vest-Agder, hat den zweitgrößten Hafen des Landes und über 70.000 Einwohner. Außerdem gibt es laut Reiseführer eine nette Altstadt mit vielen gut erhaltenen Holzhäusern. Unser erster Eindruck ist allerdings anders: Es ist sehr warm und sehr schmutzig hier. Überall liegen Zigarettenkippen und Plastikmüll herum. Die Altstadt ist öde und die Holzhäuser eher ungepflegt und schlecht in Farbe.

Wir sind hungrig, aber trotz der Größe der Stadt sind alle Restaurants, Kioske und Geschäfte bis auf die Bahnhofskneipe noch geschlossen. Ja selbst die Fahrt durch die Stadt ist schon ein Problem. Die Abbiegeampeln für den Linksverkehr reagieren auf Gewichtskontakte in der Straße – und wir sind offenbar zu leicht. Die Kontakte springen nicht auf unsere Maschinen an. So warten wir bei immer heißer werdenden Motoren zum Teil geschlagene 9 Minuten, bis ein gnädiger Autofahrer ebenfalls abbiegen will und die Kontakte betätigt.

Nach wenigen Minuten stehen unsere Maschinen dann zwischen all dem Unrat vor dem Bahnhof im Schatten großer Kastanien und wir nehmen ein karges Frühstück ein: Kaffe, Tee und ein pappiges Stück Kuchen. „Frühstücksbuffet“ wird auch angeboten. Aber für winzige Brötchen, etwas Wurst und ein paar Sorten Marmelade über 10 Euro auszugeben, sind wir nicht bereit. Bloß schnell weg hier.

Die E39 und der Stadtrand sind rasch erreicht. Für diesen Tag haben wir uns nicht viel vorgenommen. Erst einmal einfahren in Norwegen; Tempolimits beachten, sich an die Fahrweise der heimischen Bevölkerung gewöhnen usw. Überall stehen „Starenkästen“ herum. Sie werden groß angekündigt und sind mit Sicherheit scharf. Zwar blitzen auch diese Kästen nur nach vorn aber sie stehen immer entgegengesetzt paarweise an der Straße und es bleibt uns unklar, ob die Kontakte nicht über beide Fahrbahnen reichen. Also halten wir uns penibel an die ausgeschilderten Höchstgeschwindigkeiten und befinden uns damit in guter Gesellschaft. Hier hat es niemand eilig…

Kap Lindesnes

Dafür genießen wir selbst auf dieser belebten Straße schon nach wenigen Kilometern die herrliche Landschaft des norwegischen Südens. Sanft geschwungen schlängelt sie sich durch eine grüne Felslandschaft von nicht allzu großer Höhe. Und obwohl die E39 die Küstenstraße ist, sehen wir vom Meer rein gar nichts. An verschiedenen Stellen gibt es Abzweigungen zum sogenannten Nordseeweg, der aber aus meiner Riesenkarte nicht recht als zusammenhängende Straße erkennbar ist – und eine Detailkarte zu kaufen, fehlte bislang die Möglichkeit. Zwei Tage später, in Stavanger, erhalten wir dann einen Tourismusprospekt über Südnorwegen, in dem diese Route beschrieben wird und wir ärgern uns ein wenig, der Beschilderung nicht einfach gefolgt zu sein. Wir haben ganz sicher etwas verpaßt.

Als wir in Vigeland von der E39 auf die schmale 460 abbiegen, um zum Südkap, dem Kap Lindesnes, zu fahren, eröffnen sich nämlich völlig andere Ansichten dieser Region. Kurven über Kurven bergauf und bergab. Die Straße paßt sich den Felsen und den tiefen Buchten der Küstenlinie an. Wir durchfahren kleine Siedlungen mit hübschen Häusern und Booten davor und schlängeln uns gleichsam von Bucht zu Bucht. Mögen zwischen Vigeland und dem Kap auch vielleicht nur 5 oder 10 km Luftlinie liegen, wir haben fast 30 km mehr auf dem Tacho als wir den kleinen rot-weißen Leuchtturm voraus haben. Kurz darauf befinden wir uns auf 57° 58′ 43“ nördlicher Breite am südlichsten Punkt des norwegischen Festlandes, genau 2.518 km vom Nordkap entfernt. So steht es zumindest auf dem Wegweiser am Parkplatz. Ob damit die Luftlinie gemeint ist? Unser Weg ist sicher länger.

Blick vom Leuchtturm zum Inland

Jetzt ist es etwa 10:00 Uhr und das Thermometer zeigt 30 Grad C. an. Da mit der Kombi auf den Felsen zum Leuchtfeuer zu klettern, kostet Überwindung. Aber natürlich machen wir es und werden oben mit einem winzigen Hauch frischer Brise und einem wahnsinnigen Ausblick über die Küste belohnt! Neben dem Leuchtturm finden wir eine Reihe von Verteidingungsanlagen und etwas oberhalb davon auch die Reste eines alten Turmes, der aus dem Jahre 1655 stammen soll. Er ist recht gut erhalten und man erkennt die Kammern, in denen früher die Feuer zum Blüschen brannten (einer Technik, die dem Erzeugen von Rauchzeichen der Indianer ähnelt, nur hier, um Lichtsignale zu erzeugen). Hier war also „schon immer“ ein Seezeichen.

Wieder am Parkplatz angelangt, wissen wir: Egal, ob man Norwegen befährt, um bis zum Nordkap zu kommen, am Südkap sollte man gewesen sein!

Auf dem Nordseeweg

Angeregt durch diese herrliche kleine Straße zum Kap Lindesnes trauen wir uns das erste Mal, eine Route einzuschlagen, die auf meiner Karte überhaupt nicht eingezeichnet ist, die aber von Spangereit nach Lyngdal führen soll, dem Ort, an dem wir wieder auf die E39 stoßen. Und wahrlich: Es ist ein Erlebnis der besonderen Art. Die Straße ist in weiten Teilen kaum breiter als einspurig und die Kurven sind abenteuerlich eng, aber wir fahren durch ein kleines Paradies. Wenn wir das alles im Bild festhalten wollten, wir stünden nur mit dem Fotoapparat in der Hand am Straßenrand und kämen in vier Wochen nicht einmal bis zur Mitte des Landes.

Camping in Flekkefjord

In Lyngdal tanken wir und nehmen die E39 über Kvinesdal bis kurz vor Flekkefjord, wo wir für heute auf dem sehr ordentlichen Campingplatz bleiben. Die Straße ist schön zu befahren, der Verkehr ist nicht sehr dicht und wir ahnen noch nicht, daß wir auch für dieses Stückchen Weg besser noch die 43 und die 465 hätten fahren sollen. So sind wir an diesem ersten Abend sehr zufrieden mit unseren Straßen- und Landeseindrücken. Außerdem sind wir wirklich müde!

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