Hidden Champions (2): B49, B62 (und bedingt auch die B84)

Wenn man längere Distanzen relativ zügig überwinden muss – zum Beispiel bei einer Anfahrt in den Urlaub – bleibt einem oftmals nicht viel anderes als streckenweise die Autobahn zu benutzen. Das ist im Normalfall öde und langweilig und nach einigen (100-) Kilometern sehnt man sich geradezu nach einem Stückchen gut ausgebauter Landstraße als Abwechslung. Leider verlaufen gerade diese Landstraßen meist nicht parallel zur Autobahn oder stellen sich als noch viel öder heraus (Negativbeispiel dafür: die B7, parallel zur A4 verlaufend, in Thüringen).

Ganz anders dagegen die B49 zwischen Gießen und Alsfeld, Hier läuft der Fernverkehr über die A5, was dazu führt, dass man auf diesem Abschnitt der Bundesstraße mit wenig Verkehr auf hervorragendem Asphalt durch eine Hügellandschaft fährt, zu der die Engländer „eggs in the basket“ sagen würden. Weite Kurven wechseln mit geraden Strecken, auf denen man es auch mal schneller abgehen lassen kann – aber die ruhige, geradezu ausgeglichene Landschaft, möglichst noch mit bestem Wetter gepaart, verleitet (zumindest uns) nicht wirklich dazu.

B49 zwischen Alsfeld und dem Reiskirchener Dreieck

Hat man Alsfeld erreicht (von Westen kommend) geht’s mit der B62 weiter. Auch sie ist bestens ausgebaut, zügig zu befahren und macht richtig Spaß. Die Landschaft wird etwas enger und die Waldstrecken nehmen leicht zu, was nicht schlecht, weil abwechslungsreicher ist. Auch hier läuft der Durchgangsverkehr über die parallele A5 und alltags, wie am Wochenende ist nicht viel los auf dieser Straße.

B62 zwischen Bad Hersfeld und Alsfeld

Schließlich erreicht man Bad Hersfeld und wer mag, kann jetzt auf dem Weg nach Osten entweder wieder auf die Autobahn A4 zurück wechseln oder noch einen kleinen Abstecher über Philippstal und den riesigen und vielleicht gerade deshalb sehenswerten Salz-Abraumberg machen, um über die B84 wald- und kurvenreich nach Eisenach zu fahren. Das sieht zwar zunächst nach einem Umweg in Richtung Süden aus, aber man muss bedenken, dass hier die A4 einen Knick nach Norden macht – womit alles eigentlich wieder ausgeglichen ist. Nur, ganz ehrlich: die B84 ist eher ein landschaftliches Kurven-Goodie und nicht wirklich schnell.

B62 und B84 zwischen Eisenach und Bad Hersfeld

Alles geht natürlich auch in Richtung Westen, wenn man entweder in oder vor Eisenach von der A4 abfährt und ab Gießen wieder die A5 in Richtung Frankfurt nutzt. Ich bin diese Route jetzt bereits viermal gefahren (zweimal nach Westen und zweimal nach Osten) und war jedes Mal wieder begeistert.

Übrigens: Wenn man unterwegs dem kleinen Hunger begegnet, in Alsfeld gibt’s direkt an der B49 eine Pizzeria mit Gastgarten (Parken vor der Tür) und im Ortskern von Romrod fährt man praktisch um die Gastgärten zweier Lokale herum. Ja, und wer sich die Zeit gönnt, gemütlich einen Kaffe mit selbstgebackenem Kuchen verzehren zu wollen, der sollte die Auffahrt von der B62 zur Burg Herzberg (ist ausgeschildert) nicht auslassen.

? Routenplaner ?

Seit vielen Jahren habe ich den Routenplaner Tyre (in der Professional-Version) verwendet und war eigentlich immer zufrieden. Seit Google aber etwas mit der Verwendung seiner Karten im Google Maps verändert hat, läuft das Teil nicht mehr wirklich gut.

Einerseits sind die neuen Karten für meinen Geschmack vom optischen her gewöhnungsbedürftig und andererseits ist das Programm derart langsam geworden, dass ich größere Touren damit gar nicht mehr planen mag.

Die Alternative Motoplaner ist dahin (aufgegeben) und Kurviger ist zwar ganz ordentlich nutzbar, aber als echte Alternative zu Tyre will es mir nicht erscheinen.

Für Tipps bin ich dankbar und vielleicht hat ja auch jemand eine Idee, wie ich Tyre wieder flott bekomme? 

F60 – schon mal davon gehört?

Braunkohleabbau – ein heißes Thema, gerade im Kontext des Umweltschutzes. Sei es der Hambacher Forst in NRW, die verwüsteten Landschaften in der Lausitz oder der zu bewältigende Ausstieg aus der Kohleförderung dort. Braunkohle ist immer ein Reizthema!

Andererseits hat diese Art des Erzabbaus erstaunliche technische Meisterwerke hervorgebracht. Als Kind war für mich der DDR-Stand auf der Hannover-Messe, in dem naturgetreue Modelle der riesigen Braunkohlebagger ausgestellt waren, immer ein Anlaufpunkt (Ideologie hin oder her…). Heute kann sich jeder so ein Ding im Original anschauen, wenn man südlich von Leipzig den Bergbau Technik Park, Großpößna, besucht.

Klar, der Bagger dort ist beeindruckend, aber er ist geradezu handlich und kompakt gegenüber der F60 in Lichterfeld!

Die F60 ist eine Abraumförderbrücke: 502 Meter lang, 204 Meter breit, 13.500 Tonnen schwer – und wer während einer Führung auf dem höchsten Punkt angekommen ist, befindet sich 79 Meter über dem Boden. Das (!) ist beeindruckend.

Eines der größten Arbeitsgeräte der Welt! Fünf Stück wurden davon gebaut und diese ist die letzte erhaltene. Mit ihr konnten bis zu 60 Meter Gelände auf der einen Seite abgetragen und auf die andere zum Verkippen transportiert werden, um an ein Braunkohleflöz heran zu kommen. Daher der Name. 1991 in Betrieb genommen, wurde sie schon 1992 still gelegt, aber die Lager der Rollen, über die die riesigen Förderbänder laufen, lassen sich noch heute ganz leicht mit der Hand bewegen.

Wir haben sie uns angeschaut und ich bin – trotz meiner Höhenangst – bereits zweimal bis zu den besagten 79 Metern gekommen. Es ist einfach beeindruckend.

Also, wenn Ihr mal in die Lausitz kommt, macht den Umweg über Lichterfeld (die B101 ist übrigens ganz in der Nähe, von dort ist es nicht weit). Es lohnt sich!

 

Hidden Champion: Die Bundesstraße 101

Als ich im Spätsommer 1992 das erste Mal in Chemnitz war, hatte ich noch drei Stunden bis zu meinem eigentlichen Termin und die Stadt selbst bot sich damals eher nicht an, diese Zeit dort zu verbringen. Also beschloss ich, mit dem Auto nach Annaberg-Buchholz zu fahren und ein paar Eindrücke vom Erzgebirge zu sammeln. Schließlich war ich hier noch nie gewesen.

Kurz vor Annaberg bog ich auf die B101 ab, um wieder nach Norden zu fahren und war überrascht von der Vielseitigkeit dieser Straße. Sie durchzieht kleine Ortschaften ebenso, wie sanfte Höhen, gibt Ausblicke ins weite Land frei und führt an Flüssen entlang durch schöne Waldstücke oder felsige Schluchten. Ich war beeindruckt!

Einige Zeit später wohnte ich in Chemnitz auf einem kleinen Zimmer und der Vermieter nahm mich zur Weihnachtszeit mit auf eine Lichtertour, wie er es nannte. Er wollte mir die vielen Schwibbögen in den Fenstern der Häuser im Erzgebirge zeigen. Und wohin fuhren wir? Genau: Nach Annaberg-Buchholz und dort auf die B101. Auch das eine schöne Erinnerung.

Inzwischen ist die B101 eine meiner liebsten Motorradstrecken geworden und ich versuche, sie stets ein paar Mal im Jahr zu befahren. Immer ein Stückchen weiter, immer wieder überrascht, wie vielseitig sie ist.

Von Aue im Erzgebirge bis nach Berlin-Neukölln führt sie, ist knapp 300 km lang, und von Aue bis Großenhain, auf der östlichen Elbseite gelegen, bin ich bislang gekommen. Klar, es gibt Streckenabschnitte, die nicht nur Highlights aufweisen, aber das ist wohl bei jeder Bundesstraße so. Entschädigt wird man allerdings durch relativ wenig Verkehr (besonders an den Wochenenden) und mindestens durch die Stadt Meißen, die ja bekanntlich viel Touristisches zu bieten hat – und wenn es nur die Albrechtsburg sein sollte.

Ich habe schon viele Biker, die ich getroffen habe, auf diese Straße aufmerksam gemacht und dabei meist in ein ungläubiges Gesicht geschaut. Gekannt hatte sie keiner. Sie ist also wohl eher ein Insidertipp – eben ein Hidden Champion!

Mein Tipp: Einfach bei der nächsten Tour nach Süden oder Norden, die B101 mal mit in die Route einplanen. Es lohnt sich!